Blood Red Shoes – In Time to Voices
Blood Red Shoes machen das beste aus der Lage, die ihnen das eigens angelegte Soundkorsett aufzwingt und versuchen erwachsen zu werden. Hits natürlich inklusive.
Zum dritten Mal ist das unterm Strich: verschwitzter Rock, der sich ausschließlich auf Gitarre, Stimme und Schlagzeug stützt, in seinen irrwitzigen Momenten Piano und Synthie aus der hintersten Ecke des Raumes zuschauen lässt und generell am liebsten voll auf die zwölf haut, ohne zu verletzen – soll doch endlich mal die Liveenergie von Blood Red Shoes auch auf Band so richtig bestialisch aus den Boxen knallen.
Was vor der hitgeilen Masse an der Bühne, die vor allem das Debütalbum ‚Box of Secrets‚ in Scharen angekarrt und das schon etwas unspektakulärer aufgewärmte ‚Fire Like This‚ natürlich nicht vergraulen konnte, jedoch mit Literweise Endorphin kaschiert wird, bleibt im eigenen Wohnzimmer nach 2010 Gewissheit: Ein bisschen leiden Laura-Mary Carter und Steven Ansell vermutlich schon an den eng gesteckten Grenzen ihrer Möglichkeiten, zumindest sicher aber tut es ihre Musik. Auf ‚In Time to Voices‚ kämpfen sie jedoch darum, diese auszuweiten ohne gleich neue Grenzsteine legen zu müssen.
Da gibt es natürlich immer noch Platz für Songs wie den alles einfangenden Ohrwurmgaranten ‚Cold‚, das sich stockend über den Umweg der Penetranz in die Gehirnwindungen fräst, sprich, in dem Blood Red Shoes ihr Händchen für glasklare Formatradio Hits einfach eiskalt ausspielen, beinahe so zwingend wie in den Anfangstagen. Wer da drauf anspringt, kann dank ‚In Time to Voices‚ oder ‚Lost Kids‚ dann auch gleich des idealen Albumeinstiegs versichert sein. Weil sportlich und flott können Blood Red Shoes trotz gewisser Ermüdungserscheinungen immer noch ebensogut, wie das mit freundlichen Mienen rotzig sein kann. Mit einem kratzbürstigen Miststück wie dem nicht einmal eineinhalb Minuten langen Noiseinferno ‚Je Me Perds‚ musste man trotzdem nicht rechnen, den Ratschlag, das doch lieber Bands wie McLusky zu überlassen, kann man sich trotz der gefühlten Knuffigkeit ersparen. Ein angenehmer Tritt in die Weichteile ist das natürlich gerade deswegen. Und gegen den geschmackvollen Breitwand-Alternative Rock von ‚The Silence and the Drones‚ , der sich zum Ende hin gar ein streicherverhangenes Finale gönnt, kann eigentlich auch niemand was haben.
Umso erstaunlicher ist es auf ‚In Time to Voices‚, dass es ausgerechnet die konsequentere Ausbremsung der niemals zu stark brütenden Rockkracher ist, die Blood Red Shoes eine gehaltvolle Zukunft verheißen: ‚Slip Into Blue‚ etwa pumpt melancholisch vor sich her, das hat mit viel Moll irgendwie den Blues gepachtet. In die selbe Kerbe schlagen ‚Two Dead Minutes‚ und das karg ausstaffierte Albumhighlight ‚Night Light‚. Da klingen Blood Red Shoes natürlich immer noch nicht altersweise, aber plötzlich nicht mehr wie die Jungspunde, denen man nach ‚Box of Secrets‚ und abseits der Gunst des NME und der Indietanzflächen keine zehn Minuten mehr gegeben hätte.
‚In Time to Voices‘ überspringt keine Entwicklungsstufe, sondern parkt sich eher mitten in eine solche, ist als Album zerrissen zwischen Bewährtem und den sich auftuenden Möglichkeiten. Und damit Bestandsaufnahme einer Band, für die es nicht zwangsläufig heißen muss langweiliger zu werden, nur weil man gefestigter austeilt.
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