Blues Pills – Lady in Gold

von am 16. August 2016 in Album

Blues Pills – Lady in Gold

Blues Pills haben für Lady in Gold einige Schwachpunkte ihres Debütalbums analysiert und diesen konsequent entgegengearbeitet. Das kaschiert im gewachsenen Sound dann auch relativ effektiv, dass ihr retroaffiner Vintage Rock diesmal kaum überragende Songs abwirft.

Eine Crux am bisweilen etwas unausgegoren ausgerichteten, 2014 jedoch auf einer nicht unberechtigten Welle des Enthusiasmus daherkommenden Debütalbum der Blues Pills war ja mitunter auch die Tatsache, dass die besten Songs der Platte bereits vorab bekannt waren: Derart unverbraucht energische, intensive Nummern wie Devil Man oder The River konnten die amerikanisch-schwedisch-französische Band eben nicht  über die volle Distanz nachlegen. Stattdessen gab es etwa eine rundum tolle Coverversion von Gypsi – die jedoch auch den Eindruck run um den Blues Pills-Einstand zementierte, es letztendlich doch eher mit einem qualitativ schwankend aufgewerteten Kurzformat zu tun zu haben.
Dem Quartett selbst scheint diese Misere durchaus bewusst gewesen zu sein, als sie bereits kurz nach der Veröffentlichung des selbstbetitelten Debüts die Arbeiten zum Nachfolger begannen – was sich nun zuallererst in gefühlvoll in Szene gesetzten, aber gravierenden Änderungen im Klangbild niederschlägt.
Stammproduzent Don Alsterberg hat die Band endlich aus dem Fahrwasser von Graveyard gelassen, ihr einen eigenständigeren Sound verpasst, der die Band runder und voller in Position bringt, nach mehr Soul und Pop schreit, und phasenweise generell schlichtweg Mehr ist, gleich von Beginn an: Schon der mindestens ebenso hartnäckig catchy wie keine Angriffslust suggerierende Titeltrack, der folgende Gospel-Rock Little Boy Preacher oder das schmissig riffende Burned Out schnappen sich wohlige Orgelteppiche für den Unterbau und setzen inbrünstige Backingchöre obendrauf, gehen inszenatorisch in die Vollen.

Blues Pills klingen in diesen breiteren Arrangements kurioserweise deutlicher denn je wie eine eingeschworene Band, nicht mehr wie eine kongenial aufeinander abgestimmte Ansammlung aus Individualisten: Man versucht sich kollektiv in den Dienst der Songs zu stellen, gemeinsam auch den abgefallenen Druck in der Rhythmusgruppen-Dynamik zu kompensieren, den der Abschied von Cory Berry hinterlassen hat (Neo-Drummer André Kvarnström kann in seiner eindimensional dahinlaufenden Art zumindest im Studio einfach nicht mit dem ehemaligen Radio Moscow-Mann mithalten). Auch alleine, dass Gitarrenwunderkind Dorian Sorriaux öfter texturiert, als dass er Soli und Licks abfeuert, ist schlichtweg bezeichnend.
Leider ebenso, dass die nun samter agierende, weniger rücksichtslos intonierende Rockröhre Elin Larsson feststellt: „Wir haben unseren Sound gefunden„. Denn das Songwriting dahinter kann schlichtweg nicht mit dieser Entwicklung mithalten, treibt phasenweise zu gefällig um wenig packende Kerne, verliert sich immer wieder in der genreschwangeren Formatradiobeliebigkeit und der inszenatorischen Evolution drumherum. Nicht nur dem eröffnenden Trio fehlt es so unter der installierten Opulenz am Biss und der Leidenschaft des Debüts. Zu routiniert ziehen Blues Pills die Spannungszügel mittlerweile enger, ohne tatsächliche Ausbrüche zu provozieren.

Dass der gefundene Sound handzahmer und das Spektrum des Vintage Rock noch massentauglicher zugänglich machend ist, spielt insofern jedoch nur eine untergeordnete Rolle – schließlich ist in diesem Licht plötzlich eine maßgeschneiderte Nummer wie die mit viel Herzblut und Streichern zwischen GraveyardToo Much Is Not Enough und Adeles galliger Emotionalität (aber zumindest ansatzweise ohne deren triefendem Pathos) strahlende Soulballade I Felt A Change möglich. Ein relatives Wagnis, das der Band unwerfend steht. Nur beschränken sich Blues Pills abseits dieser Exkursion eben auf Altbewährtes im neuen Gewand – jedoch abermals, ohne die Klasse ihrer frühen Songs zu erreichen. Das Ergebnis sind solide gestemmte Retrorocksongs, die ohne die unschuldige, beinahe naiv erfrischende Energie des knackigen Debüts auskommen müssen. Zwar hängen Stücke wie das dramatisch pochende Gone So Long, der leichtfüßig den Doom in die Psychedelic fuzzende Schlusspunkt Elements And Things oder das flotte Rejection selbst in dieser gangart ein Gros der Konkurrenz ab. Doch für jeden Ausreißer nach oben gibt es mit dem zerfahren-verspielten Bad Talkers (samt luftigen Akustik-Folk-Ideen), dem generisch in den bluesige Seilen hängenden You Gotta Try oder dem langweilenden Won’t Go Back eben auch zuviel Durchschnitt, der vom guten Gesamtgefüge nicht restlos aufgefangen werden kann.
Am Ende steht deswegen wieder die Crux: Lady in Gold zeigt Blues Pills zwar als eine komplettere, emanzipiertere Band, der im direkten Vergleich zum Debüt mit diesem stimmigen Zweitwerk sogar das kohärentere Rundumpacket gelingt. Nur eben nicht das stärkere Album. Auch, weil die besten Songs der Band offenbar längst geschrieben wurden.

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