Bush – Black and White Rainbows

von am 22. März 2017 in Album

Bush – Black and White Rainbows

Gavin Rossdale verlängert nicht nur das Leiden des Irrtums, als das sich die Bush-Reunion zumindest in kreativer Hinsicht erwiesen hat, indem er auch das triste Black and White Rainbows bemitleidenswert in die Beliebigkeit des Alternative Rock verliert – er intensiviert es in seiner zusätzlichen Funktion als Produzent sogar.

Womit Rossadale tatsächlich eine Möglichkeit findet, den Stellenwert von Bush nach Man on the Run und dem Comebackwerk The Sea of Memories noch einmal um ein weiteres Quäntchen zu minimieren: Black and White Rainbows positioniert sich ohnedies mit einer gewissen Endgültigkeit halbgar zwischen einer mutlos verwaschenen Zäsur des Post-Grunge von einst und einem Darben in den Gegegenheiten – mit überhöhten Gesten und leeren Worten hat Rossdale seine Truppe schließlich längst in einen primär auf Nostalgiegefühle abzielenden Formatradiozombie verwandelt, der ohne Spannungen oder Biss den Weg in eine kaum noch mitreißende Beliebigkeit angetreten hat, und die angestammte Genre-Kategorisierung von Bush heute als relativ vage Erinnerung erscheinen lässt.
Der Irrtum, große Rocksongs spielen zu müssen, hält dabei an, ist für die Engländer mittlerweile grundsätzlich zum Scheitern verurteilt, mögen erfreuliche Ausnahmen wie das optimistisch und flott funkelnde The Beat of Your Heart auch immer noch versuchen das Gegenteil zu beweisen: Gelegentlich (vielleicht sogar: öfter als auf den beiden Vorgängern) blitzt das Händchen von Rossdale für starke Melodien, Hooks und Riffs wahrhaftig immer noch auf. Doch bleibt so gut wie jede vielversprechende Szene auf Black and White Rainbows reine Andeutung von Potential, verschwimmend in einer monotonen Flut aus uninspirierten Baukastenmotiven.

Dazu krankt das eindimensional gewordene Songwriting diesmal auch an der erschreckend behäbig daherkommenden Produktion von Rossdale selbst, die wohl den Fokus auf episch in der Arena funkelnde Atmosphärearbeit zu legen versucht, den Kompositionen aber letztendlich jedweden Lebensgeist raubt. An sich solide Genre-Souveränitäten wie All The Worlds Within You oder Nurse mögen am Reißbrett noch als kickende Adrenalinpusher gedacht gewesen sein, doch mäandern sie auf Black and White Rainbows durch eine sedierend undynamische Klangwelt, die jede Strophe und jeden Refrain auf dem selbe träge Level weichspült, zu keinem Zeitpunkt auch nur ein Mindestmaß an Druck erzeugen kann.
Ein Peace-S deutet so etwa zwar eine anziehende Gefährlichkeit an, doch kommt der Song holzschnittartig und ohne Energie nie in Fahrt – das hüftsteife Buchstabieren des Wortspiels sorgt wenigstens noch für eine gewisse Eingängigkeit. Während die immer wieder auf Black and White Rainbows eingestreuten Synthie-Effekte wohl Assoziationen zu The Science of Things knüpfen sollen, aber dabei nicht Inspiration oder Ambition vermitteln, sondern eine paradoxe Orientierungslosigkeit hinter einem allgegenwärtigen Kalkül. Deswegen entpuppt sich auch das erst interessant anmutende Water trotz seines elektronischen Beginn schnell als ins Plansoll passender, gefälliger Rock, der keine Spannungen aufbauen kann.

Vor allem auf die Dauer von viel zu lange und selbstgefällig plätschernden 58 Minuten verlieren Bush sich so in einem überwiegend generischen und austauschbaren Einheitsbrei. Mit kitschigen Streichern angekleisterte Songs wie Lost in You oder Sky Turn Day Glo wären da gerne dramatischer pathetisch, manifestieren aber geradezu bemitleidenswert nur blutleere Langeweile. Wohingegen der klobige spanischsprachige Ausflug Toma Mi Corazon die Substanzlosigkeit von Rossdales Texten kurzzeitig mit hochgezogenen Augebrauen kaschiert, ansonsten aber ohne jedweden nachhaltig wirkenden Eindruck den Mantel des Schweigens verlangt.
Insofern ist es durchaus bezeichnend, dass ausgerechnet das catchy eröffnenden Mad Love – egal, ob sich die Nummern nun an Stefani oder die begehrte Babysitterin richtet – am längsten im Gedächtnis haften bleibt: Bush eiern hier banal in den fadenscheinigen Hochglanz, mit getragen perlender Möchtegern-Coldplay-Stadionpanorama-Gitarre, schaumgebremsten „Ohohos“ und einem plumpen Refrain, der einem kleinen Offenbahrungseid gleichkommt. Ungeachtet der persönlichen Präferenzen ob der stilistischen Ausrichtung/Entwicklung von Bush ist es schlichtweg extrem enervierend, dass das Quartett keine Konsequenz mehr an den Tag zu legen versteht, keine Nägel mit Köpfen macht, sondern die untergehenden Fahnen im Wind wehen lässt.
Am Ende bleiben deswegen wieder Fragen . Schwer zu sagen etwa, ob Rossdale’s (insgeheim längst schwindende) Trademark-Stimme Black and White Rainbows tatsächlich über manchen kompositorischen Leerlauf trägt, oder er vielmehr nur geschickt vage Erinnerungen an die Vergangenheit aufwärmt, quasi Fantreue recycelt. Auch, ob ein externer Produzent mit strengerer Hand das vorhandene Material zu einem zwingenderen Gesamtprodukt hätte formen können – oder Rossdale ohnedies nicht mehr zu helfen ist, und er hiermit endgültig jeglichen Kredit verspielt hat. Fragen, die letztendlich wohl offen bleiben werden – zu schnell wird Black and White Rainbows wieder vergessen sein.

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