Christopher Owens – Lysandre

von am 21. Januar 2013 in Album

Christopher Owens – Lysandre

Paradox: Weil die aufgestockte Duo-Partnerschaft mit Chet „JR“ White bei Girls niemals zu einer voll funktionsfähigen Band heranwachsen wollte, zog Christopher Owens letztes Jahr lieber gleich den Stecker – und versucht sich nun in der Selbstständigkeit.

Lysandre‚ ist kaum ein halbes Jahr nach Bandsplit der endgültige Beweis dafür geworden, dass Girls immer schon mehr Christopher Owens Ventil für einnehmende Indiepoprock-Ohrwürmer waren – man den ehemaligen Partner White als Multinstrumentalist und mehr noch Produzent rückblickend aber wohl zu Recht als die den Ideenfluss zusammenhaltende Qualitätskontrolle betrachten darf. Owens versucht trotzdem einfach weiterzumachen wo er aufgehört hat und  lässt für sein Solodebüt nun ohne Scheu ein bereits für  ‚Broken Dreams Club‚ eingeführtes und auf ‚Father, Son, Holy Ghost‚ perfektioniertes weitreichendes Instrumentarium völlig zwanglos durch seine eingängigen Kompositionen fließen: in ‚Here We Go‚ bereitet so etwa steht’s eine nächtliche Sumpf-Harmonika das Rampenlicht für die energische E-Gitarrenlinien vor, ‚Lysandre’s Theme‚ bläst mittelalterlich die Flöte, akustische Gitarren werden allerorts anmutig gezupft bevor anderswo welche melancholisch und  elektrisch durchs Bild sliden; weibliche Gesangsunterstützung ist stets Willkommen und die überall umhergeisternden Saxofone verstrahlen einen permanenten Hauch schlüpfriger aber unschuldiger Erotik. ‚Riviera Rock‚ tänzelt in dieser halbseidenen Stimmung gar als astreine Reggae-Nummer aus der Reihe aber nicht dem Kontext.

Owens Soloalbum ist trotz oder vielleicht doch gerade wegen aller Phrasierungen klassischer Girls-tauglicher Ohrwürmer zum bisher eventuell kompaktesten und abgeklärtesten Werk des Mannes aus San Francisco geworden. Die konzeptuelle Hintergrundgeschichte – ‚Lysandre‚ erzählt weitestgehend die Lovestory in der Owens sich auf der ersten Girls-Tour 2008 auf einem französischen Festival in ein Mädchen namens Lysandre verliebte – findet einen schlüssige Rahmen in der romantischen, zumeist gar zärtlichen Inszenierung. Hinter dem hässliche Cover kaschieren so mehr oder minder elf Songs ihre umgängliche Lieblichkeit niemals, denn natürlich: ‚Lysandre‚ ist ein Album über eine unerfüllte Liebe geworden, meint damit aber die Schönheit einer solchen als fröhliche, nie überdrehten Überschwänglichkeit (siehe vor allem den Screwball-Hecht  ‚New York City‚) und selbst in dunkelster Ausrichtung niemals Schmerz, sondern allerhöchstens Schwermut mit strahlenden Herzchen in den Augen: „I wish it never happened to us/ You fell in love with that girl/And i wish it wasn’t true/But all you cared about was the girl„.

Trotz reich instrumentierter Ohrwürmer im losen Korsett entlässt ‚Lysandre‚ mit dem plötzlichen Ende von ‚Part Of Me (Lysandre’s Epilogue)‚ als bisher klar seichtestes Werk Owens. Stets scheinen die eingängigen Kompositionen bloß an der Oberfläche ihrer Möglichkeiten entlang zu schrammen, freilich mit gehörigem Charme, aber die permanente Variation in der instrumentalen Herangehensweise kann die fehlende Tiefe in den verträumten Songs einfach nicht auffüllen. ‚Lysandre‚ taugt makellos als unverfänglicher, stellenweise zutiefst romantischer Melodiereigen und vor allem als überdurchschnittlich nett plätschernde Hintergrundbeschallung – der Eindruck eines potentiell vielversprechenden, letztendlich aber deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibenden Schnellschusses bleibt jedoch stets mit faden Beigeschmack.
What if I’m just a bad songwriter/ And everything I say has been said before?“ fragt sich Owens auf einer theoretisch auch als mittelprächtiges Girls-Album durchgehenden Songsammlung, liefert im wieder einmal zu unfokusiert um seine inszenatorischen Begleitumstände schwänzelnden ‚Love Is In The Ear Of The Listener‚ gleich selbst eine beruhigende Antwort wie Rechtfertigung für ‚Lysandre‚: „Cause beauty’s in the eyes of the beholder/Love is in the ear of the listener.“ Recht hat er natürlich. Weniger Hast und vor allem eine funktionierende Qualitätskontrolle hätte hier dennoch wahrlich großes entstehen lassen können.

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