Cult of Youth – Final Days
Die dritte Studioplatte von Sean Ragon’s mittlerweile zur vollwertigen Band ausstaffierten Neofolk-Projekt beginnt vielleicht mit ‚Todestrieb‚ – einem bedrückendem Instrumental zwischen spiritueller Tribalbeschwörung mit morbider Weltuntergangsstimmung und ambienten Stammestanz vor brennenden Mülltonnen -, verbringt seine ‚Final Days‚ danach aber in geradezu beflügelter Lockerheit.
So triest wie es der Opener in Aussicht stellt ist die Sachlage auf dem dritten Album im dritten Jahr also gar nicht. Nach dem stimmungskreierenden Alptraum-Intro rumpeln Ragon und Co. mit ihrem zwischen Folk-Methoden und Goth-Attitüde geparkten Vehikel ohne große Umwege los, auch wenn ‚Dragon Rouge‚ mit seinen ausgemergelten Johnny Marr Gedächtnis-Gitarren zwar unmittelbar einen The Cure-Song ankündigt, dann aber so schwerfällig startet, gleichzeitig leichtfüßg wie entrückt verankert darbt, als müsste der King Dude am Grabe von Ian Curtis Stimmung machen. Nach und nach nehmen Cult of Youth unter Bläserwirbel Fahrt auf, der Song verselbstständigt sich und wie die nach Distortion geifernde Gitarre unter der feierlich rollenden Dynamik unterdrückt wird steht dann durchaus symptomathisch für die irritierende Produktion der Platte: abseits des immanent herausgearbeiteten Rhythmus (kein Album der Band war bisher derart an dem vorantreibenden Element interessiert!) und Ragons Gesang scheint alles undurchsichtig im Hintergrund zu passieren, was die anachronistische Stimmung der Platte zusätzlich verstärkt.
Danach toben sich Cult of Youth zwischen den Stühlen aus (‚Empty Faction‚ packt den sehnig polternden Postpunk aus, ‚God’s Garden‚ übersetzt ‚Kick Out the Jams‚ in einen wavigen Bedroom-Pop-Kontext, ‚No Regression‚ lässt die Akustikgitarre giftig zischen und die Drums mitreißend poltern, arrangiert ein Treffen von Nick Cave und dem Gun Club im Wüstensand, während ‚Down the Moon‚ locker ein flockiger perkussiver Stones-Jam sein, wenn Ragon nicht wie ein hemmungslos besoffener Soulman grölen würde und der Song den fiebrig vibrierenden Country des Lost Highway inhaliert hätte).
Vor allem in den längeren Stücken kristallisiert sich jedoch auch eine veritable Ziellosigkeit in den Songs heraus, die ‚Final Days‚ einerseits den Reiz einer ungehemmten Jamsession verleiht, gleichzeitig aber inkonsequent und ohne konkrete Ziele inmitten all seiner apokalyptischen Folkansätzen taumelt. Das führt etwa dazu, dass ‚Of Amber‚ auf der Veranda sitzen galligen Feensatub an eingestreuten Bläsern abperlen lässt und in seiner repetitiven Konstruktion kaum zu fesseln vermag, aber im gebastelten Albumkontext durchaus als Hypnotikum in seinen Bann zieht. Ähnliche ambivalent entfaltet sich das mit knapp 10 Minuten Spielzeit überlang geratene ‚Sanctuary‚, dass mit strammer gehaltenen Zügeln in die Psychedelik reitet und in seiner Ziellosigkeit dennoch eine rücksichtslose Rock’n’Roll-Sogwirkung entfaltet.
Wenn das schrammelnde ‚Roses‚ das nur linde nachwirkende Drittwerk der Band kaum über dem aktuellen King Dude Werk ‚Fear‚ in die Ferne schickt, ist ‚Final Days‘ in Summe dennoch das stimmigere Album geworden, dem der Spagat zwischen beschwingter Grabesstimmung und depressiver Getriebenheit ohne Hast geling. Wahrscheinlich wäre dies sogar der Soundtrack gewesen, wenn Death in June jemals einen Roadtrip Richtung Sommerurlaub gemacht hätten.
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