Drug Couple – Little Hits

von am 21. November 2019 in EP

Drug Couple – Little Hits

Little Hits ist erst die Vorstellungsrunde des Pärchens Miles und Becca, kann sich aber nicht nur wegen des unmittelbar indizierten Fanbonus trotz einiger weniger Kinderkrankheiten sofort über den netten Indierock-Durchschnitt hieven.

Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass die Debüt-EP des bisher außerhalb von New York praktisch kaum vorstellig gewordenen, keinerlei vorlaufende Hits vorweisen könnenden und über das unscheinbare Label Papercup Music veröffentlichende Drug Couple zu einer der meisterwarteten Veröffentlichungen des ausklingenden Jahres zählt. Auf den zweiten aber erklärt es sich von selbst. Immerhin besteht die eine Hälfte des nur noch unter seinen jeweiligen Vornamen gelistete Duo aus dem davor noch mit zahlreichen solchen auftretenden Miles Benjamin Anthony Robinson.
Der hat mit seinem selbstbetitelten Einstandsalbum 2008 immerhin nichts weniger als ein unsterbliches kleines Meisterwerk aufgenommen und ein knappes Jahr später über Saddle Creek mit Summer of Fear zumindest ein bärenstarkes Zweitwerk nachgelegt. Daraufhin verschwand der Amerikaner jedoch praktisch vollends von der Bildfläche. Angekündigte Comebackambitionen und Neujustierungen als Jesus Jackson verliefen im Sand. Stattdessen agierte Robinson als Soundtechniker im Hintergrund für Platten von MGMT oder Chairlift – und eben auch für Rosebug, mit dessen Sängerin Becca Chodorkoff er 2017 doch den Neuanfang in Angriff nahm, musikalisch und privat: „ They fell in love in with making music together. They also fell in love. Since then, they’ve been microdosing LSD, considering getting a dog, and recording a collection of songs about finding someone special to share the end times with.

Soviel zur Ausgangslage. Hinter der prätentiösen Namensgebung der Band und dem wenig subtilen Artwork versteckt sich dann aber nüchtern betrachtet vordergründig nur sehr netter Indierock in sechs Schattierungen („The writing process is different for every song, but the throughline is a spirit of deep collaboration“) der sich neben dem das Herz aufgehen lassenden Wiederhören mit Miles kompositorisch wenig vorwerfen lassen muß – inszenatorisch aber auf Sicht noch ein paar Stellschrauben nachziehen sollte.
U Made a Sound ist slackerhaft scheppernder Rock, eventuell eine minimale Reminiszenz an The Sound und eine etwas größere an J Mascis. Robinson hat die Drums (hier ausnahmsweise von Will Berman eingespielt, ansonsten von Pastor Greg beigesteuert) und die knarzige Gitarre toll produziert, die schmeichelhafte Strophe ist zudem sehr gut, und die Chemie stimmt, wenn sich Becca an die Leadstimme von Miles schmiegt. Wenn der (im Verlauf enervierenderweise viel zu oft wiederholte) Refrains den Fokus zum kantigen Rock zu verschieben versucht, fehlt jedoch der Biss und lässt die Nummer unter Wert beliebig und lethargisch plätschern.
Auch Hissy Fit kommt als hartnäckiger Ohrwurm nicht restlos über eine sympathische Popnummer hinaus, weil Beccas Performance (am Bass wie am Mikro) träge und ohne Pfeffer wirkt; die irgendwann nachgeschrieenen „Suck it up!“-Parts klingen sogar absolut bemüht, nicht energisch. Deswegen ist Little Hits zu diesem Zeitpunkt auch noch ebenso vielversprechend wie ein bisschen langweilig, angenehm nebenbei zu hören, aber Fragen aufwerfend. Warum lassen die beiden gerade die räudige Gitarre von Miles nicht vollends von der Leine, wenn sie doch dezimiert rocken wollen – oder warum legen sie sich stattdessen nicht noch bittersüßer in das einnehmend rumpelnde Midtempo, in dem ihre Melodien so toll funktionieren? Da waren immerhin sowohl Miles‘ Soloplatten kraftvoller, als auch Rosebug dynamischer und frischer.

Antworten drauf kann auch You’re Still the One nicht liefern. Immerhin gelingt die Interpretation des Shania Twain-Klassikers an sich wunderbar individuell vereinnahmend – die trockene Percussion alleine macht den Unterschied, den Rest besorgt das mit 60s-Flair schwofende Flimmern. Doch am Ende, wenn Miles und Becca wieder das ungestümere Momentum zum Klimax forcieren wollen, tun sie dies abermals unverbindlich und kaum zwingend: Hemmungslos aus sich herausgehen kann das Duo einfach nicht wirklich und verleiht Little Hits dadurch ein unausgegorenes Gefühl.
Ein Eindruck, der im Grunde sogar dadurch bestärkt wird, dass das restliche Material rundum stark aufzeigt und die hohen Erwartungshaltungen zumindest weitestgehend stemmen kann. The Blind Kissing the Blind kehrt etwa mit bauchigem 80er-Bass den Wave stärker heraus, badet mit nostalgischer Melancholie in einer weichen Schönheit. Sorry ‘Bout LA schreitet noch langsamer getragen, arbeitet mit geschlossenen Augen jedoch ziemlich zielgerichtet in der leicht elektronisch verspulten, mit subversiven orchestralen Arrangements angereichten Atmosphäre. Da zeigen sich die Skills von Robinson hinter dem Mischpult und Little Hits funktioniert stimmungstechnisch längst sehr einnehmend, erzeugt vielleicht nicht die erhoffte Tiefe oder das in Aussicht gestellte Suchtpotential. Doch spätestens mit dem synthetisch verschwommen-wummernden Be in 2 ist am Ende mit seinen verspielten „Dadadas“ und nonchalantem Drive ein weiterer kleiner Semi-Hit gegeben, der die Miles-Fanbrille zwischen den Benotungen adäquat positioniert: Man muss nicht in Euphorie verfallen, um kann sich sich über die Rückkehr von Robinson allgemein ein bisschen mehr freuen, als über den gelungenen Einstand des Drug Couple im speziellen. Dennoch möchte man das Duo hiernach allerdings so oder so nicht mehr aus den Augen verlieren.

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