Explosions in the Sky – American Primeval

Gut eineinhalb Jahre nach dem etwas unterwältigenden Comeback-Album End widmen sich Explosions in the Sky für American Primeval wieder ihrer gefühlten Kernkompetenz als Soundtrack-Lieferanten.
Für Netflix (bzw. für ihren alten Kumpel Peter Berg) untermalt die Band den Utah War zwischen mormonischen Siedlern und der amerikanischen Regierung, verzichtet dabei aber auf ein markantes Leitmotiv oder prägendes Thema sowie obligatorische Crescendi, sondern setzt auf szenische, unterstützendes Ausschnitte ohne den alleinstehenden Drang zur Klimax. Sie hält bei der Suche nach Schönheit in kargen, gebirgigen Wüstenlandschaften zudem das explizite Western-Flair überschaubar, obgleich Explosions in the Sky gerade im finster-beklemmenden, ruhige Streicher-Wellen mit Drone-Gitarren in einen kontemplativen Trab und ausgemergelten Galopp versetzenden The Fort noch nie derart nahe bei beklemmend-bedrückenden, archaischen Grails gearbeitet haben.
Was generell für die mit Drums in Bewegung versetzten Passagen gilt. Siehe etwa auch Hard Road (wo die Gitarren über ätherischer Klangflächen zupfen und erst nachdenklich besorgt in sich gehen, bevor das Dead Man-Ambiente poltert), Horizon (zurückhaltender Minimalismus lässt die Percussion zuerst nur am Horizont dräuend, zieht dann die Spannungen an, belässt die Eile aber hintergründig), Jacob’s Descent (eine beklemmende Earth‘esk aufwühlende Drone-Skizze als wirbelnde pochender Stakkato-Sturm im Wasserglas), Snow (somnambules , klassisches Schimmern und Streicheln bricht eruptiv auf) oder im pulsierenden Wummern des treibenden A Massacre. Das sind aufwühlenden Intensitätssteigerungen dieser Zeitreise.
Trotzdem funktioniert American Primeval vor allem subversiv, intrinsisch und zur Ruhe kommend. Die Stärken der Band werden mit einer hintergründig Nonchalance einnehmender und interessanter ausgespielt, als es auf dem formelhaften End der Fall war.
Das sanft perlend gezupfte Ghosts erzeugt eine gespenstische Melancholie und Memories puren, harmonischen Wehmut am Klavier. Adam Ondi Ahman ist eine zart fließende Andacht, hoffnungsvoll und liebenswert tröstend, wenngleich abgekämpft zwischen den Zeilen, und A Melancholy subkutan schabender Drone, der sich behaglich an die titelgebende Stimmung schmiegt, bevor sinister schleichende Dunkelheit All My Fault aus Moll-Tasten geboren wird.
Da passt es dann auch, dass die schimmernde Elegie This Land den Kreis als nahezu unkenntlich entschleunigte Interpretation von Woody Guthries ikonischem Evergreen den Kreis so bezaubernd schließt: ohne Begeisterung zu entfesseln und überragende Augenblicke zu kreieren, lassen Explosions in the Sky hier Fanherzen entlang so vieler heimlicher Lieblings-Augenblicke aufgehen.
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