Future of the Left – The Peace and Truce of Future of the Left

von am 19. Mai 2016 in Album

Future of the Left – The Peace and Truce of Future of the Left

Zwei nicht irrelevante Ausflügen mit Christian Fitness und eine Entschlackung im Personal haben Future of The Left nahest möglich zurück zu ihren Wurzeln geführt – und damit zu 13 abstrakt fordernden Genrehits…mehr oder minder. Die plättende Abrissbirne The Peace and Truce of Future of the Left kaschiert seinen schmissigen Kern nämlich ziemlich geschickt hinter einem geradezu abartig monströs fetten Bass-Sound.

For anyone who didn’t pledge, the third *cough* single from the new record is available to stream ‚ere“ kündigte Falco das mit Handclaps, launigen „Nananana„-Part und giftig fauchendem Gebrüll ausgestattete, geradlinig voranhumpelnde 50 Days Before the Hun nicht ohne den nötigen Funken Ironie an. Durchaus im Wissen, dass die Band sich von lupenrein in die Auslage zu stellenden Killersingles ala Arming Eritrea auf ihrem fünften Studioalbum (abermals in knapp 4 Stunden via Crowdfunding finanzierten) doch eigentlich längst verabschiedet hat.
Und dennoch: Hat man sich erst einmal an die Gravitation dieses kathartischen, verschrobenen Gewaltakts von einer Platte gewöhnt (die natürlich auch ein gewisses Mindestmaß an Lautstärke verlangt, um seine physischen Muskeln überhaupt adäquat spielen lassen zu können!) und findet sich in all seinen beißenden, randalierenden, bösartigen Ecken und Kanten aus fiesen Noiserock-Attacken zurecht, hofieren Future of The Left unter der tollwütigen Oberfläche durchaus eine durchaus griffigere Zugänglichkeit und pointiertere Dynamik im Trademark-Songwriting, die sich ebenso abstrakt, aber eben weniger orientierungslos festgefahren präsentiert als zuletzt.

If AT&T Drank Tea What Would BP Do? poltert gleich eingangs aufgerieben nach vorne, die Gitarre schneiden genüsslich an der Bekömmlichkeit, die Rhythmusgruppe grummelt wie irre. Immer wieder reißen Future of the Left unvermittelt am Temporad und lassen ihr Gebräu explodierend überlaufen, drangsalieren einen Husarenritt am Schleudersitz einer Dampfwalze ohne Sicherheitsgurt. Grass Parade kommt einen straighten Punkrocksong wohl so nahe, wie das die Band momentan möchte, Proper Music gibt die Witzkanone zu geschmeidig-räudigem Rock’n’Roll. Dass Falco, dieser „prisoner of fun„, mit Stafetten biestiger Einzeiler wieder bis zur Erschöpfung um sich wirft, darf man natürlich voraussetzen – und dennoch auch hier wieder einen Anstieg der Spritzigkeit feststellen.
Für Miner’s Gruel quetscht sich so krudes Storytelling in eine fragmentarisch verschweißte Strophe/Refrain-Gemeinheit mit hirnwütigem Harmoniegesang, während sich The Limits of Battleships groovend hin zum poppigsten Refrain der Platte schabt und Back When I Was Brilliant massiv als unterhaltsamer Nackenbrecher stampft.

Die kurze Auszeit hat der Band merklich gut getan, die Sinne für eine bessere Balance in all den Graden der Angepisstheit geschärft. Hinter seiner immensen Wucht entfaltet The Peace and Truce of Future of the Left deswegen auch mit jedem Durchgang mehr Facetten befreit aufspielender Nuancen. Wo der im Vergleich zur restlichen Discografie schwächelnde Vorgänger How To Stop Your Brain In An Accident gar zu brachialer alle Karten sofort auf den Tisch knallte, behält sich die Band nun ein paar fiese Trümpfe in der Hinterhand.
In a Former Life stakst zwar kontinuierlich missmutig zur Spoken Word Performance und räumt den eingängigen Call-and-Response-Refrain – vorgetragen wie in Trance hinter dem manischen anpeitschen Falco – dann aber für noch mehr mutwilliges Chaos: „In a forme life/ He was Ron Pearlman’s gas tank/ Til he leaked all over the morning“ – alles klar!
Running All Over the Wicket schielt irgendwann zum Vorzeigesong mit catchy Twist am Ende.  Eating for None baut dagegen als zerschossenstes Ungetüm der Platte auf ein unberechenbar aufstickendes Gitarrenriff und gerade wenn der White Privilege Blues viel nach Routine aussehen lässt, fistelt sich Falco geschmeidig zur Reminiszenz an Drunken Sailor. Die Pointen zünden auf The Peace and Truce of Future of the Left einfach effektiver in Szene gesetzt .

Album Nummer Fünf entwickelt sich so über kurzweilige 39 Minuten zu einem Schaulaufen vertrauter Vorzüge, den man sich erst erarbeiten muss – dann aber mit einer Abfolge an Highlights belohnt wird, die letztendlich gar anmuten wie ein Blick zurück auf Curses aus der Perspektive einer abgeklärteren Kombo, die den Malstrom How To Stop Your Brain In An Accident hinter sich gebracht hat.
Mehr noch fühlt sich The Peace and Truce of Future of the Left in gewisser Weise ohnedies wie ein massiver Back to The Roots-Brocken für die Band aus Cardiff an – nicht nur kompositorisch, sondern vor allem soundtechnisch. Die prägenden Keyboardausflüge der letzten Jahre sind Vergangenheit, dazu hat Jimmy Watkins die Band 2015 verlassen und Future of The Left wieder zum Trio schrumpfen lassen, was The Peace and Truce of Future of the Left ohne mehrschichtigen Gitarrenspuren in seinem fettfreien, skelettiert provozierten Druck die Aura einer entschlackten Kernkompetenz-Bedienung verleiht – die Band durch diese Entschlackung aber sogar noch erdrückender aus den Boxen schieben lässt: Tieftönerin Julia Ruzicka füllt den freigewordenen Raum mit einer schier überwältigenden Präsenz aus, würgt The Peace and Truce of Future of the Left als überwältigende Monstrosität und magenaushebelnde Urgewalt – eine bestialischere Bass-Platte wird 2016 mutmaßlich nicht einmal mit Basses Loaded rumpeln, pressen und drücken.
Stichwort Melvins: Future of The Left arbeiten (nicht nur wegen der besetzungstechnischen Parallelen ) weiterhin erfolgreich daran, deren Pendant im Noiserock zu werden. Wie die Kombo aus Washington haben die Waliser ihre Meisterwerke vielleicht bereits hinter sich, aber längst eine gewisse Form der impulsiv kaum auszurechnend bleibenden Nabelschau perfektioniert und brennen vor diesem Hintergrund ein kompromissloses Same Same but Different-Feuerwerk nach dem anderen ab. Future of The Left sind als Nischensensation eben eine Bank – und bleiben damit bis auf weiteres auch nach 10 Jahren nach dem Ende von Mclusky die wahrscheinlich beste Genreband.

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