Gnod – Chapel Perilous

von am 13. Mai 2018 in Album

Gnod – Chapel Perilous

Nach dem vergleichsweise straighten, geradezu entschlackt fokussierenden 2017er Ausbruch Just Say No The Psycho Right-Wing Capitalist Fascist Industrial Death Machine widmen sich Gnod auf Chapel Perilous der Frage, wo das Übernatürliche mit dem Alltäglichen kollidieren könnte – und wo dabei die Grenzen der eigenen geistigen und körperlichen Gesundheit liegen.

Whatever one’s definition of reality, this psychological realm serves to prove it endlessly subjective and changeable. Robert Anton Wilson may have laid claim to the modern use of this phrase – as in his 1977 tome ‘Cosmic Trigger’ – yet there can be few musical outfits in the here and now more worthy of carrying on its tradition than Gnod“ deklariert der Waschzettel nicht ganz bescheiden, während die niemals rastende Band aus Salford auf ihrem drölfzigsten Studioalbum gleich Nägel mit Köpfen macht und eindrucksvoll in die Vollen geht – allerdings auch wieder abwechslungsreicher und weniger offensichtlich agiert als zuletzt.
Das eröffnende Donovan’s Daughters überperformt als krautiger, monoton-repetier Postpunk-Jam mit fiesen Noise-Tendenzen, viel Fabriks-Hall und der selben schleppenden Bass-Schrägheit, die auch Primus auszeichnet, drängt sich aber vor allem stoisch in eine Ebene, die Swans nach ihrem prolongierten Zäsur vielleicht ja nicht mehr bedienen wollen. Gnod reiben sich im Industrial hypnotisierend-kratzbürstig, dissonant und atonal auf, wandern im atmosphärischen Raum des Feedbacks, deuten hymnische Melodien in der angespannten Intensität flirrend an, und fressen sich beinahe selbst im erzeugten Druck.

Der überragende Opener ist weitschweifend angelegt, aber dabei beängstigend dicht inszeniert, destilliert den ungemütlichen Fokus der Band mit einer Vehemenz, gegen den der nachfolgende Rest von Chapel Perilous zwangsläufig verblassen muss. Gnod aber versuchen ohnedies nicht, die Dinge zu wiederholen, sondern wildert eher vage ziselierend durch bisherige Phasen ihrer Karriere und verlassen vorläufig die zupackende Physis, um das Unterbewusstsein zu bearbeiten – annähernd aus der Perspektive von Infinity Machines aus dem Jahr 2015.
Europa tritt als samplerbestücktes, wummerndes Experimental-Stück zwischen Drone und Elektronik als klaustrophobisch-hypnotische Klangcollage in den Ambient und damit auch transzendierende Traumlandschaften, löst das ohnedies strukturbefreite Wesen der Platte auch bis auf weiteres von Kontrasten und Formen. Voice From Nowhere entschleunigt dort sakraler treibender, mit mantraartiger Rhythmik und produktionstechnisch aufgebauter Trance, bevor A Body eine fiebrige, unterkühlt verschwommene Rezitation von nebulös-dystopicher Drogen-Science Fiction darstellt – wie Illusionen schweben Ahnungen von Riffs und Beats in ein vollkommen konturbefreites Sound- und atmosphärisches Stimmungsbild.
Dass das programmatisch betitelte Closer Uncle Frank Says Turn It Down die Zähne als heulender Garagenrocker festkrallt und beinahe metallisch groovt, mag als sture Deklination mit texturierend darüber schwebenden Space-Schleifen den Rahmen der Platte adäquat schließen, funktioniert an sich aber auch durch die Vorgabe von Donovan’s Daughters vergleichsweise unspektakulär und nicht restlos befriedigend. Was aber schon so passt – schließlich liegt auch in der Herausforderung, trotz dezidierter Ambitionen niemals gänzlich schlau aus dem Wirken dieser Band ihr Reiz: Auch Chapel Perilous sollte man sich kampflos ergeben und bereitwillig folgen, das Auslaugen körperlicher und geistiger Reserven riskieren.

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