Mazzy Star – Seasons of Your Day

von am 24. September 2013 in Album

Mazzy Star – Seasons of Your Day

17 Jahre Veröffentlichungspause schmelzen nahezu spurlos dahin, wenn Hope Sandoval und David Roback sichwieder  in bittersüßer Melancholie treiben lassen: ‚Seasons of Your Day‚ fühlt sich an, als wären die ewigen Leisetreter Mazzy Star niemals weg gewesen.

2013 könnte als das Jahr der unerwartetetn Comebackmeldungen für Spätachziger bzw. Frühneunziger-Indiebands durchgehen. Nach den Pixies und My Bloody Valentine schwelgen nun also auch Mazzy Star wieder aktiv in Erinnerungen, spielen ihren  zwischen Indie und Shoegaze verankerten Proto-Dreampop beinahe nahtlos an Stimmungen und Tugenden anknüpfend, die nach dem 1996er Schwanenesang ‚Among my Swan‚ im zeitlosen Äther treibend auf ihre Fortsetzung warten mussten. Das nun versammelte, tatsächlichbereits  zwischen 1997 und 2012 aufgenommene Material gibt sich am Stück aufgefädelt nun das kleine Fünkchen widerspenstiger und auch verschlossener als seine Vorgänger, versteckt seine umarmenden Melodien hartnäckiger, lässt seine wärmende Lieblichkeit hinter einer anziehend schroffen Kargheit glänzen – und macht (natürlich?) dennoch (zum Glück) wenig anders als bisher.
Zwar hat das (wieder) nicht die Klasse des herausragenden Schaffenshöhepunkt ‚So Tonight That I Might See‚ – dafür gerät das vierte Studioalbum der Band bei unpassender Stimmung doch etwas zu monoton, kann dazu nicht mit der gekannten vielseitigen Dynamik im klar abgesteckten Repertoire aufwarten – weiß aber so effizient wie sparsam neben der elegische Klasse alter Tage nicht zu verblassen. Und versteht es im besten Fall sogar mühelos die Magie von vor knapp zwei Jahrzehnten neu zu entfachen.

Am eindringlichsten vielleicht gleich im – traditionell großartig – eröffnenden ‚In The Kingdom‚, einem fünfminütigen Geniestreich der berührenden Eleganz, der sein repetierendse Orgelriff unter die so getrübte Euphorie von Sandoval schiebt und sich das erste Mal die Haare auf den Armen aufzurichten beginnen: „I thought I was listening/ To this band play a song that changed me/Hey hey hey hey hey hey„.
Ein majestätisch schüchterner Opener, über dessen Qualitätslatte danach leider kein Song mehr mühelos hechtet, ein Scheitern daran jedoch keine Enttäuschung ist. Unter der Regie der Vorstände Sandoval und Roback erschaffen Suki Ewers, Keith Mitchell und Colm Ó Cíosóig in weiterer Folge nämlich betörende Feuerwerke der kleinen Gesten und unauffälligen Schönheit, Songs, die wie wärmende Lagerfeuer in der kalten Nacht funktionieren. ‚Common Burn‚ etwa braucht nicht mehr als zauberhafte Minimal-Gitarrenspuren, ein einsames Glockenspiel und eine sehnsüchtige Mundharmonika um der Einsamkeit mit tieftrauriger Zuneigung Hoffnung zu geben.

Eine immanente, tief verwurzelte Melancholie ist durch Songs wie ‚California‚ gewoben, eine Slidegitarre wie sie ‚I’ve Gotta Stop‚ verführt könnte wohl auch Noel Gallagher zu Tränen rühren. ‚Does Someone Have Your Baby Now‚ ist der niedergeschlagene Bottleneck-Country für den frühmorgendlichen Weg alleine nach Hause. Anderswo wären Texte wie („I know you’ve been missing me/ Well you know, I’ve been missing you too“ schmalztriefend plakativer Herzschmerz, im Titeltrack finden sie mit einer unerschütterlichen Ehrlichkeit statt, während Sandovals Band mit Samthandschuhen musiziert und William Cooper seine Violine über das Geschehen legt. Einer von nur wenigen Akzenten im Albumfluss, der hinten hinaus Varianz nicht abgeneigt ist: wie auch die kleine Harmonikamelodie im seufzenden Klagebild ‚Sparrow‚ vorführt; das altruistische Gitarrenspiel des längst verstorbenen Bert Jansch im schrammeligen Psychedelic-Blues-Vakuum ‚Spoon‚ oder ‚Flying Low‚ als einzigem Song der Platte der die Zügel enger zieht, Druck nach vorne erzeugt und als schunkelnd-zierlicher Americanarock die Dynamik ankurbelt.
In der abschließenden, knapp 8 minütigen Roadhouse-Jamsession ‚Lay Myself Down‚ agierend die herrlich anachronistisch auftretenden Mazzy Star letztendlich dann sogar geradezu lässig und cool. Was sich die kalifornische Band erlauben kann, selbst wenn ‚Seasons of Your Day‚ wahrscheinlich nur ihr viertbestes Album ist. Denn derart funktionierende Songs haben in dieser Ecke in den letzten eineinhalb Dekaden nur Trespasser William ähnlich einnehmend hinbekommen. Aber die haben ja (traurigerweise) ja pünktlich zur Wiederauferstehung von Mazzy Star den Hut draufgeschmissen.

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