Melt Downer – Alter the Stunt

von am 29. Oktober 2018 in Album

Melt Downer – Alter the Stunt

Wie steigern, nach so einem Debüt? Melt Downer wissen wohl selbst, dass ein weiterer Wachstumsschub nach ihrer selbstbetitelten, so erschlagenden 2017er-Detonation kaum sinnvoll gewesen wäre. Alter the Stunt geht deswegen den smarten Weg nach innen – und akzentuiert die Vorzüge des Trios in greifbarere Formen, tauscht die Masse gegen Definition.

Das unmittelbar nachgeschossene Zweitwerk von Wolfgang Möstl, Mario Zangl und Florian Giessauf destilliert die Essenz des scheuklappenbefreiten Noiserock im direkten Vergleich zum Vorgänger von 74 Minuten auf knapp 40, lässt sich dabei aber weder die impulsive Rasanz von Melt Downer ausreden, noch dessen unberechenbare Vielseitigkeit. Aufgenommen in gerade einmal vier extrem impulsiven Tagen, will Alter the Stunt vom scheppernden Punk mit DIY-Ästhetik über Shoegaze-Versatzstücke bis zum räudigen Artpop nämlich trotzdem alles mitreißen, die stilistische Distanz von Metz zu Guided by Voices als kaum relevant ansehen.
Das Trio aus Österreich spielt sich mit der ihm eigenen Dringlichkeit also in einen Rausch der Optionen: Groovender Krautrock (Riddles) ist ebenso eine Facette der Platte wie schrammelnde Rock-Extasen (Quest), slackerhafte Ohrwürmer ala Clown passieren wie selbstverständlich neben scharfkantigen Postpunk der Marke Headcall – bevor die ohnedies gerne zur psychedelischen Schlagseite neigende Platte durch Saxophon-Beiträge von Isabella Hollauf und Michael Masen phasenweise kurzerhand zum Freejazz kippt und das immer im Jam verankerte, nun aber deutlich griffiger gewordene Songwriting der Band in die Transzendenz schickt.

Muss Alter the Stunt dabei auf den Erstkontakt ohne das überraschende Momentum des Debüts auskommen (sofern man dies bei dem lange erwarteten Quasi-Nachfolgeprojekt von Killed by 9V Batteries überhaupt derart attestieren kann), entpuppt sich die kohärente Vielseitigkeit der Platte gerade in Verbindung mit der neu gefundenen Kompaktheit als gar nicht so heimlicher Pluspunkt: Wenn Melt Downer der rauschhaft auslaugende Trip war, ist Alter the Stunt der plötzlich kickende Endorphinschub geworden, der sich zwischen all seinen Stühlen verführerisch aufbreibt, ohne beliebig zu werden. Charakteristische Einzelmomente und eine gesteigerte Schmissigkeit ersetzen das große Ganze, verlieren dabei aber nicht die Kohärenz aus den Augen.  Melt Downer praktizieren hier zu jeder Sekunde eine prägnante Zielstrebigkeit und Konsequenz, schärfen den Fokus und haben einen dem Erstling ebenbürdigen, sogar auf allen Ebenen zugänglicheren Nachfolger geschaffen, dessen Wert man aufgrund des zurückgeschraubten überwältigenden Volumens wohl trotzdem erst mit etwas Abstand erkennen wird können.
So oder so sind diese 10 Songs bereits jetzt Wasser auf die Mühlen all jener, die behaupten, dass Wolfgang Möstl in diesem Leben keine schwache Platte mehr einspielen wird – und dass das wohl nie ein definitiveneres Statement war, als mit einer der spiefreudigsten Rhythmusgruppen der Genrewelt im Rücken; auf kompositioneller Ebene und performancetechnisch übrigens weiterhin eine mitreißende Einheit, perfekt aufeinander eingespielt und ja, auch weiterhin das beste, was dem heimischen Noiserock (und darüber hinaus) passieren konnte.

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