Mgła – Age of Excuse

von am 7. September 2019 in Album

Mgła – Age of Excuse

Vor dem Hintergrund einer Empörungsgesellschaft mit minimaler Aufmerksamkeitsspanne wollen sich Mgła weiterhin alleine durch ihre Musik positionieren. Dass sie mit Age of Excuse die selbe Blaupause bedienen wie die beiden Vorgängeralben ist gut, aber wohl nicht unbedingt das kreativste Statement.

Während man sich in Zeiten, da es nach zwei Tagen medialer Berichterstattung offenbar niemanden mehr zu interessieren scheint, ob der Regenwald noch brennt, den Kopf darüber zerbrechen kann, weswegen das Konzert ein und der selben Band zuerst nur unter enormen Umständen abgehalten werden kann, und andernorts einige Woche später vollkommen ohne öffentlichen Aufschrei stattfinden darf, hat das polnische Duo Mgła praktisch über Nacht kurzerhand sein viertes Studioalbum aus der Hüfte geschossen: Ästhetisch, stilistisch, auch formhalber und kompositionell ist es eine ansatzlos Fortsetzung Wiederholung von With Hearts Toward None und vor allem Exercises in Futility.
Dass Mgła damit nicht mehr oder weniger als tun, als eben fünf neue, zutiefst typische Mgła-Songs zu spielen, ist an sich schon absolut okay – immer wenn sie ihre Stärken fokussieren sogar deutlich mehr als nur das.

In einem runden Ganzen mit tollem Spannungsbogen konzentriert sich gleich Age of Excuse I mit den patentiert starken Cymbal-Drumspektakel (alleine dafür lohnt die Platte!) und den so effektiv die dominierenden Riffs mit grimmig funkelnden Melodien ausstattenden Gitarren auf die harmonisch beschwörende Seite der stoisch röchelnden Band, nimmt immer mehr an Fahrt auf und schichtet seine Texturen imposant, bevor spätestens in Age of Excuse II die Blastbeats zu bollern beginnen und die aufgebauten Spannungen mit mehr Dynamik gelöst werden.
Ausbrechende Facetten wie der rezitierende Beginn von Age of Excuse V bleiben im Kontext die Ausnahme, dafür klärt schon das überragende Finale Age of Excuse VI notfalls im Alleingang die Popularität der Band mit dringlichen Riffs und triumphierenden Bögen ansatzlos auf mitreißende und knackig packende Art, indem es seine triumphalen Gesten immer weiter schichtet und wohl zum besten gehört, was Mgła entlang ihrer Trademarks zu sagen haben.

Und selbst wenn genau genommen nur Age of Excuse III auf halben Weg Richtung Kriegsmaschine und zur Hymne mit seiner so nervtötend simplen, wie eine monoton-eindimensional hämmernde Sirene agierenden Lead wirklich negativ auffällt, wird die Diskografie und Gangart der Band spätestens jetzt doch auch vor Probleme gestellt.
Vergleichsweise angenehm und einfach zu konsumieren war der eingängige, berauschende Signature Sound der Polen immer schon, doch macht sich mittlerweile eine gewisse formelhafte Vorhersehbarkeit breit, die den stets windschlüpfig agierenden Strom aus nihilistisch-misanthropischen Gateway-Black Metal doch auch zu zahm und domestiziert wirken lässt. Age of Excuse ist keine Herausforderung, weder für die Band noch den Hörer, sondern eine – gerade in Anbetracht der Entstehungsgeschichte – erstaunlich bekömmliche, zugängliche und versöhnliche Platte, die keineswegs derart kontrovers auf Konfrontationskurs geht, wie man das erwarten hätte können.
Stattdessen tackern die 42 Minuten runter wie Öl und nehmen (gerade arrivierte Fans) problemlos im Sturm, nutzen sich in ihrer Bekömmlichkeit ohne Extreme aber auch schnell ab, tun nicht weh und bilden damit eine effektive Komfortzonen-Platte, deren wohl größtes Problem es schlichtweg trotzdem ist, dass With Hearts Toward None und Exercises in Futility die Agenden von Mgła auf den selben Wegen bereits noch atmosphärischer, dichter, intensiver, dynamischer und auch originärer artikulierten. Man kann die aktuell offenbar akut ausgebrochene Euphorie über Age of Excuse deswegen zwar (trotz einer primären Enttäuschung über die zur Schau gestellte Mutlosigkeit) bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen (und Mgła gerade deswegen auch weiterhin als konstante Bank verorten), bedingungslos teilen muss man sie deswegen allerdings nicht.

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