King Gizzard & The Lizard Wizard – Phantom Island

Der Country-Teaser am Ende von Daily Blues erweist sich zumindest vorerst als Red Hering: mit der entspannten Schwesterplatte zum „Rowdy“ Flight b741 überfliegen King Gizzard & The Lizard Wizard das orchestral jubilierende Phantom Island.
Das Material des siebenundzwanzigsten Studioalbums der Australier entstand simultan mit jenem des 2024 veröffentlichten Vorgängerwerkes, doch war Stu und Co. klar, dass den relaxter angelegten Kompositionen noch das gewisse Etwas fehlte: „The songs felt like they needed this other energy and colour, that we needed to splash some different paint on the canvas.“
Und weil das Gizzverse seit einem Auftritt in der Hollywood Bowl, bei dem man das Los Angeles Philharmonic Orchestra kennen gelernt hatte, sowieso mit dem Gedanken sinfonischer Möglichkeiten schwanger ging, fügte sich bald eines ans andere: „We didn’t know we were going to have an orchestra dubbed on top when we were recording. If we had, that would have really changed the songs. But we went into it very free and easy. The songs were written in a very ‚improv‘ way, stitched together from multiple takes or longer jams… It feels like you’re in the room with the band and the orchestra, that we’re all in the same room together.“
Sei es, wie es sei: Mit dieser langen Entstehungsgeschichte auf Umwegen, deren Endergebnis nun neben Chad und Brett Kelly als orchestrale Leiter auch ein gutes Dutzend von Gästen an diversen Blasinstrumenten und Streichern umfasst, kommt der Release von Phantom Island justament zum einsetzen des Sommers gerade recht – der weit in den Pop zurückgelehnte sinfonische Rock der Band funktioniert in diesem Panorama sehr stimmig und kennt über 46 Minuten Spielzeit wenige Längen, balanciert seine Basis und den breiten Überbau ausgewogen als Synergie ohne ausschmückenden, gimmickhaften Beigeschmack.
Wobei gerade der Einstieg in die Platte fulminant gelingt – obwohl oder gerade weil das eröffnende Doppel aus dem Titelsong und dem catchy Highlight Deadstick jeweils zu abrupt endet (derweil die Übergänge zwischen den Stücken nicht derart nahtlos gelingen wie üblich)? Da tummeln sich jedenfalls Classic Rock und Funk-Elemente in progressiv-knackigen Strukturen, die durchaus an ein direkter angelegtes Frances the Mute denken lassen. 60s-Screwball-Tendenzen schrauben dramatisch-dringliche Finale auf und die Arrangements wirken keineswegs wie nachträglich hinzugefügt, sondern übernehmen elementare Aufgaben der Komposition.
Zwar kann Phantom Island dieses Niveau im Verlauf nicht ganz halten – was daran liegt, dass das grundlegende Material eher Gizzard-Standardware darstellt. Doch kompensiert die schlaue Band dies bis zu einem gewissen Grad durch die Inszenierung, wiewohl sich die Arrangements gerne noch mutiger in die Kurven hätten legen dürfen.
Lonely Cosmos wärmt sich lange im Orchestergraben für eine intime Acoustic-Ballade auf, deren schwelgender Fantasmus psychedelisch tapst und Eternal Return schwelgt fast kitschig durch Score-Welten jenseits von You Only Live Twice, hat tolle Ideen wie ein angejazztes Ambiente und mehrstimmige Barbershop-Harmonien, mäandert aber substantiell. Dass die Songs aus zusammengefügten Jam-Passagen entstanden sind, merkt man spätestens hier nicht nur positiv anhand einer gewissen Schablonenhaftigkeit. Grundlegend typische Songs haben so etwas weniger schlüssige Narrative, etwas weniger starke Hooks, und langen weniger ambitioniert zu, als es der Rahmen zuließe.
Wenn die Band wie in Panpsych im nonchalanten Groove flötiert, Sea of Doubt mit einem Ausflug am bluesig-hippiesken Americana-Highway samt verletzlicher Acoustic-Einkehr liebäugelt oder Silent Spirit nonchalant groovend mikrotonale Mysterien in der Lounge vor schwelgenden Landschaftsaufnahmen zeigt, bietet dies locker die nötigen Akzente, um das im Umkehrschluss selten aufregende Phantom Island nie langweilig werden zu lassen. Jedoch gilt: In dieser Schiene geht bei allem Unterhaltungswert stets spürbar noch so eindeutig mehr für die Alleskönner King Gizzard!
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