Migre le Tigre – Where did Mom and Dad Go so Wrong?

von am 15. März 2015 in EP

Migre le Tigre – Where did Mom and Dad Go so Wrong?

Die Frage, was Mama und Papa falsch gemacht haben, lässt sich zwar nach dem ersten Hören von Migre le Tigres neuer EP leider immer noch nicht beantworten, aber eines ist gewiss: die selbsternannte Akustik-Punk-Disco-Maschine gehört zu den absoluten Ausnahmetalenten der boomenden Punk-Singer-Songwriter-Szene.

Nach 3 Jahren, 250 Shows in 20 Ländern und 2 CDs (‚Dancing through the Flames‘, ‚Heed the Call‘) kommen nun endlich auch die Vinyl-Liebhaber in den Genuss von Migres Können, denn morgen erscheint seine neu 7“ beim Wiener DIY Label Schall und Rauch Platten.

Los geht’s mit ‚Brother‘ – einer 30 sekundenlangen Entschuldigung mit russischem Akzent, Orgelbegleitung und unterschwelligem Electro-Sound. So manch einer mag sich davon vielleicht irritieren lassen, doch für Kenner des leicht exzentrischen Schweizers ist dieses ungewöhnliche Vorspiel nicht ganz so überraschend.
Trotzdem stellt sich die Frage, an wen denn die Worte ‚Don’t be scared my brother, look you made it on the cover of my brand new 7“ EP.‘ nun eigentlich gerichtet sind? Betrachtet man das Cover etwas eingehender, stellt man fest, dass der Gentleman, der da recht eindeutig posiert, niemand geringeres als Jack Holmes ist. Seines Zeichens ebenfalls Acoustic Punk Rocker, der im Interview mit Heavy Pop für diese Cover-Boy-Ehre folgende Worte fand:

‚I figured out what was going on before the artwork was released. There was just something about the title ‚Where did Mom and Dad go so wrong‚ – I knew it meant I was in trouble. The whole thing is equally as funny as it is infuriating, so we will just have to see how I feel when I see Migre at the release shows. I’m either going to give him a huge hug and never let go, or I’m going to kill him by throwing the records at his head like that scene in ‚Shaun of the Dead‚ – then we’ll see how easy it is to walk like a zombie on remote control. Fuckhead!‘

Na, hoffen wir mal, dass ersteres der Fall sein wird.

Nach diesem amüsanten Intermezzo schnapp sich Migre dann aber doch seine Gitarre und zeigt, was er drauf hat. ‚Miscellaneous‘ zieht den Hörer mit seinem kraftvollem Sound sofort in den Bann. Gleichzeitig fordert die Nummer heraus und wühlt einen irgendwie auf – aber im positiven Sinn. Textlich präsentiert sich der Tigre mit Zeilen wie „I can’t identify with any of your values, in my eyes your life’s a lie / a lifetime spent to die, but who the hell am I“ gewohnt kritisch. Zudem tragen kleine Radio-Effekte und Tempowechsel zu einem vielfältigen, aber stimmigen, Gesamtbild bei.
Bei ‚Waves of Change‘ reduziert der Ex-Rentokill-Gitarrist das Tempo zwar etwas, jedoch tut das der Eingängigkeit der Nummer keinen Abbruch. Sie holt den Hörer nämlich genau da ab, wo er nach ‚Miscellaneous‘ vielleicht etwas aufgewühlt zurück geblieben ist und beruhigt mit verspielten Riffs und warmem Sound. Der Song macht, trotz der reflektierten und ernsten Lyrics, Spaß – vor allem wenn man sich das dazugehörige Video anschaut, zu dem der Untertitel ‚Migre le Tigre lost in Bregenz‘ ganz gut passen würde.

Die leidenschaftliche Nummer ‚I Cliche‘ bringt das ganze Stimmvolumen und die exzellente Gitarrenarbeit der One-Man Acoustic Disco gebührend zum Ausdruck. Trotz des energiegeladenen Sounds, ist der Refrain gleichzeitig gefühlvoll und nachdenklich und lädt den Hörer zum hemmungslosen Mitgrölen ein – das würdiges Finale einer traumhaften EP.

Wer auf ‚Where did Mom and Dad go so wrong?‘ nach Schwachstellen sucht, könnte höchstens die Länge respektive Kürze bemängeln – denn genauso schnell wie man von Migres Stimme in den Bann gezogen wird, ist das Ganze leider auch schon wieder vorbei. Doch diese knapp 8 Minuten reichen aus, um festzustellen, dass er nicht einer von jenen Ex-Punkband-Mitglieder ist, die jetzt auf Singer-Songwriter machen, sondern dass er ganz genau weiß, wie man leidenschaftliche Songs mit großen Riffs und Melodien schreibt. Man merkt, wie viel Emotion in jeder einzelnen Strophe steckt und sein grandioses Gitarrenspiel lässt einen an so mancher Stelle innehalten und sich wundern, ob er wirklich „nur“ eine Akustik-Gitarre in der Hand hat.

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Wer jetzt Feuer gefangen hat, muss sich unbedingt auch von den Live-Qualitäten des Schweizers überzeugen. Los geht die Release-Tour am 19. März im Grazer SUB. Am Tag darauf teilt er sich im Rahmen des Punkrock Kegelscheiben Festivals mit 10 anderen Bands die Bühne des Wiener Bachs.

Vinyl-Fans sollten übrigens nicht allzu lange zögern und sich hier eines der 50 limited edition Exemplare auf transparentem Vinyl sichern.

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