Mogwai – The Bombing of Pan Am 103

Entgegen des Titels navigieren Mogwai nur wenige Monate nach ihrem ersten wohl komplett risikofreien Album auf The Bombing of Pan Am 103 weiterhin im zuverlässigen, selbstreferentiellen Autopilot weiter. Passt!
Im weitesten Sinne kann wohl folgende Maxime gelten: Wer mit The Bad Fire zufrieden war, wird auch seine Freude am Soundtrack zur sechsteiligen BBC Serie haben.
Dafür sorgt alleine schon der Einstieg, der absolut typisch die Mogwai-im-Score-Modus-Formel bedient, vertraute Melodien ruhig schwelgend über Beats legt, die knisternd in sanfter Distortion brutzeln (Calling All Units), leicht elektronisch gefärbt auftreten (JFK) und düster schleichend Elemente um Gitarren und Keyboards verdächtig umgarnen (No Survivors). Daraus entsteht in weiterer Folge ein kohärenter Fluss, der unweit der regulären Studioalben – mit etwas längerer Tracklist und dafür etwas kürzer angelegten, szenisch handelnden Songs – die Gretchenfrage zwecks des eigenen Standpunkts zum aktuellen Status Quo von Mogwai in den Fan-Raum wirft: braucht die Diskografie das Remurdered-Update Bad Intelligence als bedächtig stampfend Synthese oder das wunderschöne Luqa Airport als friedvoll-ätherisches Zitat von Helicon 1 mit latenten The Bike-Beigeschmack?
The Bombing of Pan Am 103 ist insofern wohl kein essentielles Werk der Schotten, sehr wohl aber wieder ein im besten Sinne grundsolides, risikofrei die Komfortzone der Band (und wahlweise ihrer Hörerschaft) bespielendes – rundum überzeugendes.
Swiss Timers setzt dafür auf eine retrofuturistische Schwere, in der die beklemmende Spannung mit schimmernd-glimmernder Grandezza schleicht und A Little Piece of Scotland schickt die Melancholie seiner Gitarren über einen minimalistischen Rhythmus in den Hall, wo die aus der Masse aufzeigende Nummer immer mehr Drive und Dringlichkeit bekommt, fast wie Synthwave mit einer Rock-Attitüde pulsiert, zumal sich der Schleier verdichtet und die Schrauben enger gedreht werden, bevor sie sich wieder elegisch lockern. The Frankfurt Cell ist ein Space-Mäandern und in Indian Head stützen sich bekümmerte Tasten und Saiten, derweil eine tickende Uhr als vage Drohung im Hintergrund lauert und das Schlaflied Are You Ahead of Them bedächtig bimmelt.
Das Trio aus Closure (lässt sich da etwa eine U2-Patina über dem behutsam in Szene gesetzten Mogwai-Baukasten entdecken?), Three Judges (eine an/organische Kontemplation ins Nirgendwo) sowie Back Home to Giffnock (als müdes Ausplätschern) wirkt wie eine Triptychon-Suite für sich, bevor The Bombing of Pan Am 103 die Dinge rückblickend reflektiert – mit dem ruhig die Gedanken schwelgen lassenden Postrock von Reconstruction im existentiellen Allgemeinen (wie gelingt es Mogwai immer noch, das Besondere im Generischen finden zu können?) und dann wieder im kontextuellen Speziellen, wenn We Let You Down seine sphärisches, hoffnungsvolles Malen-nach-Zahlen mit dunklen Schattierungen schraffiert und angesichts seines Titels hinsichtlich der aufgefahrenen 52 Minuten des Soundtracks keinerlei schlechtes Gewissen haben.
Wie viele Schema-F-affine Arbeiten es seitens der Band tatsächlich braucht, bleibt also vorerst offen – dass eine Veröffentlichung von Wanted: The Escape of Carlos Ghosn endlich mal eine feine Sache wäre, steht hingegen hiernach absolut fest, mehr denn je.
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