Nekrodeus – Ruaß

von am 25. Mai 2025 in Album

Nekrodeus – Ruaß

Die limitierte Kassetten-Auflage von Ruaß hat ein fescheres Artwork, als die reguläre Version. Womit wir die Liste von Kritikpunkten am dritten Studioalbum von Nekrodeus aber im Wesentlichen auch schon weitestgehend abgehakt haben.

Die Band, die auch vor großen Kalibern stets eine gute Figur macht, und vor Ad Nauseam ebenso mühelos bestehen kann wie vor Full of Hell, bleibt erwartungsgemäß mit konstanter Zuverlässigkeit eine (heimische) Instanz in Sachen Black Metal mit giftiger Crust-Attitüde, verpasst ihrem Schaffen nach den schon so tollen Vorgängerwerken Moloch (2018) und Asbest (2022) aber dennoch ein Sternchen, indem Ruaß mit knackigeren Songs (symptomatisch passiert erstmals kein Album-Track die Sechs-Minuten-Grenze) im einer veritablen hauseigenen Kür in Sachen Kurzweiligkeit gleichkommt.
Auch wenn im Verbund subjektiv der eine oder andere restlos herausragende Über-Song fehlt, der Ruaß auf den nächsten Level gehoben hätte, geben sich, nachdem Abgrundmensch I knapp an der Ideallinie des Trademark-MO abholt hat, die stets ihre Auslage wechselnden Highlights die Klinke in die Hand.

Sarg aus Fleisch schnupft den Grind und Hardcore, Volkscancer tritt – „auf die Fresse, fertig, los!“ 45 erratische Sekunden auf das Gaspedal. Abgrundmensch II haucht beschwörend in den pochenden Abgrund und Astraldepression nimmt das Tempo atmosphärisch heraus, um den Kontrast aus verstörend flüsternder Anmut und doomiger Hässlichkeit zu forcieren. Oft sind die beschrittenen Wege pragmatisch und direkt, doch eindimensional sind sie nie – und reibt man sich wie hier auch noch dezitiert vielseitig auf, funkelt das Drittwerk an finsterer Rafinesse. Dass der Sound der Drums in ihrer Tribal’esken Passage dann auch noch den Raum abseits der Genre-Tropen ansteuert, sorgt für zusätzliche Reize, die etwas entwaffnendes haben.
Körperstrafe holt passend dazu eine Horde an Kumpels an Bord und agiert mit Gang-Spirit nicht nur noch schmissiger als das Gros der Platte, sondern hat mit der Zeile „Gedanken sind wie Bananen/ Niemand mag die braunen“ auch eine elementare, zeitlos pointierte Weisheit parat.

Vom so viel Bock machenden Ruaß zu schwärmen, heißt jedoch auch, neben der Energie und Ästhetik das ziemlich grandiose Sequencing und dynamischen Pacing auf ein Podest heben zu müssen.
Nachdem Frost (mit L.G. von Ellende auf der Gästeliste) beispielsweise als Blast-Attacke kloppt, um als zähflüssiges Schreiten im Midtempo zu kasteien, und dann als halsbrecherische Achterbahn eskaliert (denn ja – Nekrodeus wissen, womit man einen Song an seine erschöpfenden Grenzen treiben kann, ohne ihn über Gebühr auszuschlachten), atmet To Bite the Hand That Holds the Leash über seinen ruhigen, melodisch sinnierenden Einstieg genau zum richtigen Zeitpunkt des Albums durch, bevor die Kverlertak’sche Punkrock-Mentalität greift.

Trümmerjugend galoppiert dagegen erst seinem psychedelischen Riff davon, geht dann jedoch für ein bekümmert rezitiertes Gedicht in sich und nimmt damit (den soliden, nichts falsch, aber auch kaum Essentielles an den Tisch bringenden Dynamo The Seeds of Your Own Destruction untertauchend) den in die Tiefe gehenden Closer Sternenleichen vorweg, in dem   Stefan Rindler vom keifenden Derwisch zum Mundart-Melancholiker wird, und mit Michael J.J. Kogler (Harakiri for the Sky) ein eigenes Lied vom Tanzen und Sterben singt: „Suach mei Herz im Holz vergrabn/ Zö die Ring um meine Narbn/ Sog ma wievüü Joa woans ohne/ Und wievü mehr wärns ohne di„.
Das legt den Finger als zäh schleppende Katharsis schmerzhafter in die Wunde, als ein Gutteil der flotten Metal-Basis von Nekrodeus, fällt als unorthodoxer Zenit deswegen aber keineswegs aus dem unmittelbar zündenden Rahmen: Eindrucksvoller als mit dieser stimmigen Schleife um das Gesamtpaket war die stilistische Spannweite und emotionale Tragfähigkeit der Grazer noch nicht.

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