Richard Ashcroft – These People

von am 25. Mai 2016 in Album

Richard Ashcroft – These People

Die prolongierte Rückkehr zur alten Stärke bedeutet für Richard Ashcroft im Fall von These People ein gediegenes Plätschern in der angenehmen, selbstreferentiellen Wohlfühlzone des mit Konserven-Streichern zugekleisterten Midtempo-Britrock – vereinzelte, das Gesamtbild trübende Geschmacksverirrungen nicht ausgeschlossen.

Die Drummaschine tackert unbeholfen und dilettantisch, die Bässe wummern oszillierend um die schillernden Grundrisse einer countryesk verhallten Gitarrennummer, über die wohl dramatisch gemeinten, aber eher hysterisch stichelnden Streicher wie eine Heuschreckenplage mit simpel strukturierten Beats herfallen. Das eröffnende Out of My Body verpflanzt die Zutaten einer typischen Richard Ashcroft-Komposition mit elektronischeren Bestandteilen ungefähr dorthin, wo ein unprofessioneller und leidlich inspirierter Dance-Remix einer beliebigen The Verve C-Seite stattfinden würde. Auch das dünne Hold On pumpt ähnlich platt tanzflächenfixiert wie die animierenden Festival-Momente von Coldpplay, bevor sich Everybody Needs Somebody to Hurt so hilflos wie eindimensional an vagen Synthiepop-Anleihen versucht. Während seine alten Buddies Noel Gallagher und Paul Weller durchaus wissen, wie das mit der so funky wie bodenständig zur Disco schielenden Leichtigkeit inklusive der nötigen Songwriting-Substanz geht, kann einem Ashcroft beim beherzten Versuch seinen shoegazenden, psychedelikschwangeren Britpop neu einzukleiden durchaus leid tun.
Denn der nach dem schockierend schwachen United Nations of Sound offenbar anhaltende Wunsch des 44 Jährigen, aus altbekannten Schemen und festgefahrenen Erwartungshaltungen auszubrechen, ist an sich lobenswert, funktioniert auf These People in dieser Form allerdings gar nicht. Die stilistischen Ausreißer wirken dünn, billig und plump produziert, aalglatt inszeniert und am Reißbrett konstruiert – vor allem im Kontext der restlichen Platte betrachtet. Die zeigt nämlich, dass Ashcroft eigentlich immer noch dann am besten sein könnte, wenn er bei seinen angestammten Genre-Leisten bleibt.

Auch wenn dies für These People bedeutet routiniert ein solides Pflichtprogramm abzuspulen und nette, wie immer zu lange 0815-Songs mit pathetisch predigenden Gesten und hymnische Ambitionen auszustatten, die Lücken zwischen all den altbekannten Akkorden mit pathosschweren Kitsch-Streichern und einer unzählbaren Stafette an langgezogenen „Ah„s, „Oh„s und „Yeah„s aufzufüllen. Dann funktioniert der nach Wohlklang strebende offizielle Nachfolger des auch bereits 10 Jahre alten Keys to the World durchaus souverän, obgleich die wirklich großen Melodien, die zwingen Hooks und schlauen Ideen einfach fehlen, die suggerierte Tiefe eher geschickte Überhöhung ist.
Zu Teil geht die Rechung hinter These People dennoch auf, weil Ashcroft auf die vertraute Nostalgie seiner unsterblichen Ausnahmestimme setzen kann, der man als Fan dann doch überall hin folgen würde. Aber auch, weil der Brite eben geübter Fuchs genug ist, um eine stereotype Nummer wie This Is How It Feels ohne Gänsehaut effizient entlang seiner Vorhersagbarkeit nach Hause zu spielen; um They Don’t Own Me mit viel Wehmut und Slidegitarre in die offene Prärie gleiten zu lassen und dort eine fast schon The Verve-taugliche Transzendenz anzudeuten; um durch den Smith‚esken Titelsong ein sehnsüchtiges Solo zu schicken, das Noel begeistert das Herz öffnen wird; in Picture of You stimmungsvolle Schönheit in eine ereignislos plätschernde Ballade zu streicheln oder in Ain’t the Future So Bright auf einem Pianoloop und undezent fiepende Effekte auf eine elegante Gesangslinie zu packen, gar leichte Rapverse anzutäuschen.
Dann weiß These People vor allem durch seine entspannte Atmosphäre in all ihrer Vertrautheit zu gefallen, die sich (steigernde) Schicht um (theoretisch spannungsintensivierende) Schicht bedeutungsschwanger über die immanente Langeweile der klischeebehafteten Kompositionen mit ihren Einheitsbrei-Arrangements und generischen, pseudophilosophierenden Texten legt. So gefällig wird das, dass man nach einem fast schon erhabenen Highlight wie Black Lines mit erfülltem Fanherz beinahe abstreiten möchte, dass Ashcroft auch nach sechs Jahren Auszeit – zumindest auf Solopfaden – offenbar schlichtweg nur noch wenig Essentielles zu sagen hat und sich neben unaugegorenen Experimenten in eine willkommene Beliebigkeit verlaufen hat, die in erster Linie seine Hardcore-Jünger Willkommen heißt. So oder so kommt man nicht umher die Überlegung in den Raum zu werfen, ob sich auch der mittlerweile kahlrasierte Schlacks vorab nicht einfach fragen hätte sollen: Was treibt eigentlich Nick McCabe derzeit so?

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