Split Cranium – I’m The Devil and I’m OK

von am 11. Juni 2018 in Album

Split Cranium – I’m The Devil and I’m OK

Für SUMAC hat Aaron Turner ja unlängst den prätentiös aufgeladenen Avantgarde-Wahnsinn entdeckt. Kein Wunder also, dass er kurz darauf mit I’m the Devil and I’m Okay nach sechs Jahren Auszeit das vergleichsweise straight aufs Gaspedal steigendes Hardcore-Projekt Split Cranium mit seinem alten Circle-Tourkumpel Jussi Lehtisalo reaktiviert.

In erster Linie ist diese weitere Allstar-Kombo im Repertoire von Zottelbart Turner schließlich nach wie vor da, um Dampf verhältnismäßig roh, direkt und unmittelbar in der Bresche 80er affiner D-Beat und Hardcore-Brecher skandinavischer Prägung abzulassen. Doch die Perspektiven haben sich neben einigen prominenten Umbesetzungen um das Kernduo Turner und Lehtisalo für Split Cranium verschoben: „We wanted to make a record that was less straightforward than the first one. Jussi loves melody and I love dissonance and noise, so that is probably the healthy creative contrast that made this record what it is“.
I’m The Devil and I’m OK zieht seine Spannungen in diesem Entwicklungsschritt tatsächlich aus dem Kräftemessen eingängiger Abrissbirnen, harscher Brutalität und offener Arrangement-Überbauten, das die kompakten 28 Minuten weniger im eindeutigen Crust-Erbe von Anti Climax und Co. verankert, als mit Popol Vuh`scher Transparenz die ambienten Synth-Überbauten von Faith Coloccia (Mamiffer, Mara) mal ausschmückend, mal subtil dominanter in den Fokus des In Your Face-Soundbildes schiebt.

Neben der eheliche Achse aus Turner und Coloccia, die I’m The Devil and I’m OK unter dem Strich näher in der hauseigenen Szene verankert, als es der multinationale Background zuließe (und alleine durch das wütend brüllende Organ des ehemaligen Isis-Bosses stets eine energetische Nähe zum atmosphärisch walzenden Sludge und dem Hardcore der Bostoner-Klicke evoziert); positioniert auch den typisch aus dem Hintergrund kommenden Buddy Nate Newtons (Converge, Doomriders, Old Man Gloom) assoziativ präsent, während der Circle-Part um den wuchtig anschiebenden Drummer Tomi Leppäne unermüdlich peitscht und Lehtisalo seine griffig zerrissene Melodien wie ein mit Schaum vorm Mund schleudernder Berserker in die Mangel nimmt.
Ein evolutionstechnisch zutiefst eklektisches Konglomerat seiner Einzelteile also, dass I’m The Devil and I’m OK im Vergleich zu dem archaischer, zudem stumpfer daherkommenden Vorgänger subjektiv noch einmal charakterstärker in die Tiefe wachsen und die Vorlieben aller Beteiligten (mal subtiler, mal aggressiver) in den Vordergrund treten lässt, während stilistisch eine größere Bandbreite im schweißtreibenden Pit möglich ist.

Evil Hands poltert insofern mit ordentlich röchelndem Slamdance tackernd nach vorne kloppend. Eine ätherische Esoterik schimmert aber nicht nur im catchy-breitbeinig gelüfteten Refrain des Nackenbrechers, bevor die Gitarren in der fast schon schmissigen Single The Age of Embitterment mit epischen Sehnsucht weitläufig in den punkigen Raum heulen dürfen und spätestens Wet Shadow ohnedies klarstellt, dass I’m The Devil and I’m OK in seiner bisweilen simpel ankurbelnden Gangart auch schlichtweg den Spaß am Hardcore in den Vordergrund schraubt. Etwaige Gleichförmigkeiten im Rhythmus wirken deswegen trotz einer gewissen Monotonie nur selten ermüdend, wenn sich beispielsweise Ingurgitated Liquids über den Umweg des Stoner Ecks mit einer fast schon symphonischen Epik aufzubauen versucht oder Whirling Dusk mit seiner funkelnden Patina kurzerhand in den waschechten Ambientscore des experimentell luftholenden – für den ganzheitlichen Atem der Albumdynamik extrem notwendigen – Intermezzos Pain of Innocence mündet.
In der zweiten Plattenhälfte setzt sich der Veitstanz aus räudiger Dissonaz, kompakter Noise-Affinität, fieser Rock’n’Roll-Mentalität und kosmischen strahlenden Galopp erbarmungslos fort, steigert sich mal in Chöre (Death Bed – The Yellow Room) und läuft im abschließenden Titelsong auch zu absoluter Hochform auf – entlässt aber auch mit dem Gefühl, dass I’m The Devil and I’m OK gerade durch den hier installierten Wachstumsprozess in den Facetten seines Klangrahmens kompositorisch (nicht eindimensionaler, aber aber weniger nachhaltig beeindruckend, erfüllend oder eben einfach) simpler eingestellt bleibt, als das Quintett agieren  müsste. Aber gerade um diese schnell zu erfassende, die Dinge trotz neu gewonnener Nuancen nicht verkomplizierende Effektivität in der zutieft energischen Entladung geht es dem Ventil Split Cranium eben weiterhin zu allererst. Das bleibt Stärke wie Archillesferse einer Kombo, die ihren schnell überspringenden Unterhaltungswert bald erschöpft, aber nichtsdestotrotz mehr zu entecken bietet, als noch vor sechs Jahre.

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