Sqürl – Silver Haze
Nach einer Reihe an Soundtrack-Arbeiten (für u.a. Only Lovers Left Alive, Paterson oder The Dead Don‘t Die) sowie einer Handvoll EPs legen Carter Logan und Jim Jarmusch als Sqürl mit Silver Haze nun ihr Debütalbum vor.
Gegründet wurde das Projekt bereits 2009, um The Limits of Control musikalisch zu untermalen, doch erst jetzt hat das Duo gemeinsam mit Produzent Randall Dunn die Zeit gefunden, um sich einem eigenen Langspieler zu widmen.
Dass das eklektische Werk trotz einer homogenen Ausstrahlung und Ästhetik auch nach dieser langen Vorlaufzeit eher ein Stückwerk aus Einzelsongs bleibt – egal! Die assoziative und imaginative Sogwirkung der Platte geht nämlich auch so ziemlich fesselnd auf und muß sich insofern höchsten vorwerfen lassen, dass ein ganzheitlicherer Spannungsbogen anstelle der szenischen Momente dem Wesen von Sqürl noch weiter entgegengekommen wären; es die eklektischen Genre-Mischwesen verdient hätten, zu mehr als der Summe ihrer Teile zu werden.
Als Fan der sich aufdrängenden Referenzen – mehr als alle anderen Einflüsse tragen Sqürl die Prägung von Earth – zieht Silver Haze jedenfalls sofort in seinen Bann.
Berlin ’87 ist als Vorgabe des restlichen Weges halluzinogener Drone Rock mit bedächtigem, stoischem und simplen Schlagzeug, um die psychedelische Gitarrenschleifen ziehen, um eine verträumte Trance zu kreieren – nicht nur Dylan Carlson wird da feuchte Augen vor Glückseligkeit haben, wenn sich vor dem inneren Auge karge Prärien im Kopfkino auftun, die so auch im einlullenden Il Deserto Rosso sinnieren, einem vom Classic Rock betörten Grenzgang zwischen Americana und Dark Folk, der durch die Sogwirkung seiner Atmosphäre und dem unaufgeregt fließenden, repetitiven Groove ewig weitergehen könnte.
Queen Elizabeth erinnert an Madrugada im rotweinschweren Goth-Hall der halbdunklen Wüse und das Titelstück schiebt einen beschwingteren, nein, eher luftigeren Rhythmus unter sein optimistisches, nichstdestotrotz nebulös schimmerndes Gitarrenmeer – als Closer entlässt die Nummer allerdings zu vage in der Luft hängend: der rote Faden ist da, aber hinsichtlich der grundlegenden Ausrichtung der Stücke diametral den Spagat machend und deswegen in finaler Konsequenz nur ein unterwältigendes Ziel erreichend. Wie gut hätte es der Platte letztendlich getan, wenn Silver Haze, der Song, sein Durchatmen nach rund fünf Minuten nicht als Start für den Ausklang verstanden hätte, sondern als Anlauf für einen krautigen Kraftakt, der alle Stärken des Duos noch einmal gebündelt verausgabt hätte?
Davor sucht Silver Haze jedoch nach verschiedenen Schwerpunkten, derweil die Balance aus instrumentalen Stücken und Songs mit (Sprech)Gesang sich unausgewogen gibt. Garden of Glass Flowers lädt Marc Ribot zu einer weichen, melodisch sanften und hell-offenen Kontemplation ein, die sich wie eine plätschernde Meditation von Sonic Youth im Postrock anfühlt, während She Don’t Wanna Talk About It ein Duett von Jarmusch mit Anika darstellt, das in etwa eine Vorstellung davon gibt, wie Iggy Pop als croonender Frontmann von Purple Mountains aufgetreten wäre, um entrückte Nostalgie und Romantik zu skizzieren.
In The End of the World rezitiert der 70 jährige Kult-Regisseur mit einnehmend sonor fesselnder Stimme Gedanken über das Älterwerden auf dem Weg ins somnambule Kaninchenloch, John Ashbery Takes a Walk versucht ähnliches, nur etwas weniger faszinierend, mit Charlotte Gainsbourg – die Chanteuse lotst etwas zu klar durch das transzendental mäandernd-dösende, zu abrupt beendete Spektrum.
Originär ist dabei im Verlauf vielleicht kaum etwas, monoton dagegen einiges – doch genau in der Schnittmenge dieser Diskrepanz liegt auch der vertraut einnehmende Reiz von Silver Haze, der für Freunde der adaptierten Klangwelten tatsächlich eine vielversprechende Zukunft in Aussicht stellt, die sich schon jetzt eine überzeugende Nische im Hoheitsgebiet von Earth einzurichten beginnt.
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