The Waeve – The Waeve
Die ehemalige Pipettes-Sängerin Rose Elinor Dougall und Blur-Gitarrist Graham Coxon sind mittlerweile sowohl privat als auch musikalisch ein Paar: The Waeve. Nun folgt nach einem halben Duzend an Singles das Debütalbum.
Die Eltern einer gemeinsamen Tochter teilen sich als Inspiration für das selbstbetitelte Debütalbum von The Waeve die Liebe zu Talk Talk’s Laughing Stock, King Crimson‘s In the Court of the Crimson King, Gong’s Camembert Electrique, Irma Thomas’s The Soul Queen of New Orleans, Van der Graaf Generator’s Still Life und Martin Carthy’s Right of Passage; oder Broadcast’s Tender Buttons, Fairport Convention’s Unhalfbricking, Young Marble Giants’s Colossal Youth und Penguin Cafe Orchestra’s Signs of Life – auch Alben von Roxy Music oder New Order dürften gefühlt auf dieser seitens des Duos veröffentlichten Liste stehen, um den smoothen, latent progressiven Art Rock des Duos stilistisch einzurahmen, der sich (in einer etwas zu langen Spielzeit) zumeist aus ruhiger ausgelegten Duetten oder wechselnden Alleingängen speist.
Nur das schizoid angejazzt trötende Kill Me Again mit seinem getriebenen Dark Wave-Elektro-Downbeat, der von der grummelnden Rhythmussektion um den markanten Bass einen melodischen Überbau zum zurückgelehnten Post Punk-Ohrwurm betont und dem roboterartig skandiertem Synth-Zug Someone Up There drehen die Schrauben auf ihre gesamte Länge konstant etwas enger.
Im eklektischen Fluss aus krautigen, unkonventionell verflochtenen Ideen pflegt The Weave seine New Wave-Tendenzen mit der bittersüßen Melancholie des Dream Pop dann und wann auch einmal mit latent kammermusikalischem Kitsch und elegischen Saxofon-Schaden; es erzeugt damit einen eigenwilligen Reiz, der eine großartige Synergie zeigt. Coxon muss sich in den höheren Stellen des gemeinsamen Gesangs zwar stets ein wenig zur Harmonie verbiegen, doch auch das trägt zum Charme einer Platte bei, auf der sich die beiden Partner auf zurückhaltende Weise ganz wunderbar ergänzen und mit fast routinierter Energie die subversive Kraft ihrer Songwriting-Klasse in einer kohärenten Ganzen nutzen.
Da ist sofort eine unmittelbare Anziehungskraft, wenn Can I Call You langsam und getragen auf dem Klavier plätschernd mit kontemplativen Beat sowie loser Gitarre nachdenklich dahinfließend einlädt, das Geschehen später plötzlich mit modulierten Loops joggend Schwung nimmt und damit eine fast hypnotische Dynamik entwickelt, die sich nicht über Unmittelbarkeiten oder frontale Tempi definiert. Over and Over ist angenehm schwofend, warm und weich und schön seine wehmütige Nostalgie und sanfte Sehnsucht beinahe zu gemütlich über den ausführlichen Raum verteilend, derweil Sleepwalking sinfonisch erhoben unaufgeregt zu laufen beginnt, in seiner dezenten Aufbruchstimmung vagen Optimismus, eine Orgel und brutzelnde Gitarren mitnimmt, um immer flächiger zu werden und außer der strukturellen Steigerung beziehungsweise Verdichtung keine Ziel zu haben.
Drowning (aka das vollständige Here Comes the WAEVE) ist eine verträumt funkelnde Einkehr unter dem Sternenzelt, deren elektrifizierte Mundharmonika vor den dezent aufgerauhten Texturen heult, orchestral in einer verdächtigen Grandezza badet, und diese Maske dann mit rockiger Coolness in der Dunkelheit abnimmt: die Bandbreite der Platte trägt ebenso wie das ästhetisch assimilierte Instrumentarium zur Nachhaltigkeit bei – manchmal vielleicht höchstens eine Spur zu wenig zwingend werden.
All Along schert ohne aus der Reihe zu tanzen intim und fragil zum akustischen Folk aus (der im Hintergrund beständig einen Drone züchtet) und Undine betrachtet seine zurückgenommene Einsamkeit in zwei Episoden der sanft schwebenden Romantik, mit Streichern und moduliertem Loop, bevor das grandiose Finale den Eindruck der unschmalzigen Sentimentalität sogar noch deutlicher hochhebt wie konterkariert: Alone And Free legt sich wirklich in die opulenten, stets so songdienlichen und stimmungsvollen Arrangements, derweil You’re All I Want to Know versöhnlich, gefällig und wohlig ein zeitloses Oldie-Flair kultiviert, das sich konsequent von seinem Vintage-Zauber forttragend lässt.
Ein wirklich feiner Abschluss der bisher besten Coxon-Non-Blur-Unternehmung, die schon jetzt andeutet, bei der abschließenden Bewertung hier zu kurz gegriffen zu haben – die Aufwertung zwischen den Punkten erfolgte dann auch nur deswegen nicht, weil die absolute Überwältigung oder geniale Highlights, die über das bockstarke Niveau hinausragen, ausbleiben. (Nichtsdestotrotz: Wiewohl das ausfallfreie The Waeve durch ein wenig Destillation sein Potential wie schon erwähnt eben noch effektiver entfalten hätte können, nimmt man optional dennoch nur zu gerne die ebenso gelungenen Nummern der Deluxe Edition wie auch die Standalone Single Something Pretty mit. ).
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