Tomahawk – Oddfellows

von am 3. Februar 2013 in Album

Tomahawk – Oddfellows

Mike Patton, und die Musik die er gerne im Radio hören würde. Wo er in der jüngeren Vergangenheit und mit unzähligen Projekten abseits von Filmmusik und Avantgarde-Lärm schon des öfteren über’s Ziel hinaus geschossen ist, lag das Gute in Form seines Rock-Ablassventils Tomahawk doch immer schon so nah. Nach einem musikalischen Umweg zu den Ureinwohnern Amerikas geht es nun mit ‚Oddfellows‚ wieder damit weiter, was mit derartigem Personal wohl am anstrebenswertesten ist.

Ungefähr genauso skeptisch wie einen die Ipecac-Version der Happy Tree Friends vom Cover des nach sechs Jahren ersten Tomahawk-Albums angafft, könnte man durchaus von Grund auf dem neuen Output der Supergroup um Mike Patton sein. Seit jeher war die Antwort auf die Frage „Tomahawk?“ ein beschwichtigendes „Das ist Mike Patton’s straight rockendes Post-Faith No More Steckenpferd, das kann man sich anhören!“, bis das Indianergeister beschwörende ‚Anonymous‚, das letzte Album vor dem quasi-Hiatus, mehr die atmosphärisch-konzeptionellen Momente von Fantômas als eine Version der Foo Fighters aus der Irrenanstalt kanalisierte. Seine Pop- und Rock-Ambitionen lebte Patton zu dieser Zeit und seither anderswo aus, fand aber in Sachen Qualität (abgesehen von seiner Herzensangelegenheit ‚Mondo Cane‘, bei der italienische Schlager spektakulär durch den Orchester-Fleischwolf gedreht wurden) nicht mehr wirklich in die Sphären von ‚Mit Gas‚ oder dem selbstbetiteltem Debüt zurück. Vielleicht braucht es dazu ja wirklich die Unterstützung seiner Avantgarderockkollegen Duane Denison und John Stanier.

Nun ist ‚Oddfellows‚ in erster Linie Eines: ein neues Werk von Mike Patton. Ohne die in höchstem Maße begabten Beteiligten Musiker (zu denen sich neuerdings mit Trevor Dunn statt Kevin Rutmanis am Bass einer der Fixpunkte des Patton-Universums gesellt hat), unter Wert verkaufen zu wollen, drückt er, wie bei so gut wie allen Projekten in die er involviert ist, ‚Oddfellows‚ von Anfang an seinen Stempel auf, schöpft in seinem stimmlichen Spektrum aus den Vollen. Musikalisch zahmer als es zu erwarten war, zischt, flüstert, kreischt und vor allem singt sich Patton inbrünstig von vertrackter Strophe zu epischen, an die letzten Tage von Faith No More gemahnenden Refrains. Hinsichtlich letzteren kommt es bereits im zweiten Song, der Vorabsingle ‚Stone Letter‚ zum frühen Höhepunkt des Albums, so unwiderstehlich gegroovt haben Tomahawk seit ‚Rape This Day‚ nicht mehr – vielleicht auch dank der Involvierung von Black Keys-Produzenten Collin Dupuis. Im weiteren Verlauf wird die Radiotauglichkeit dezent zurückgeschraubt, der Schmiss, der treibende Zwang bleibt aber wie eigentlich auf keinem anderen Werk von Tomahawk konstant, in den lauten wie in den leisen Momenten. Es wird sich generell kurz gehalten, und vor allem werden Ideen zuende gedacht, vielleicht das wichtigste ausgleichende Element das Denison als zweites Bandoberhaupt zum Songwriting beiträgt.

Wo Twin Peaks-Jazz auf Mr. Bungle trifft (‚Rise Up Dirty Waters‚), die Melvins auf die Pattonsche Vorstellung von R’n’B (‚I.O.U.‚), oder sich dann doch nochmal an die Atmosphäre von ‚Anonymous‚ zurückerinnert wird (‚A Thousand Eyes‘, ‚Baby Let’s Play ____‚) – zu oft hat sich Patton zuvor schon in der Vielfältigkeit seines Talentes verloren ohne dass jemand wie Denison als kreative Leitplanke gedient hätte. Und nicht zuletzt ist mit John Stanier ja auch einer der momentan besten Studioschlagzeuger überhaupt für die rhythmische Umrahmung verantwortlich, und liefert zusammen mit Dunn eine stramme Vorstellung ab, dass es nicht nur im Groovemonster (und ursprünglich als Single geplantem) ‚Waratorium‚, oder dessen Weiterentwicklung ‚Typhoon‚ am Ende des Albums eine Freude ist. Hier sind vier trotz längerer Pause perfekt eingespielte Profis am Werk, ohne das oft von so manch anderer „Supergroup“ vermittelte Gefühl von Sterilität aufkommen zu lassen.

Wie das Ganze nun letztendlich zu bezeichnen ist, ist trotz der auf Tomahawk’s Fahnen geschriebenen Zugänglichkeit nicht ganz so einfach zu beantworten. Ein Mike Patton würde es wohl nicht gerne hören, aber wahrscheinlich hat man es bei ‚Oddfellows‚ zumindest mit einem Vertreter der besseren Hardrock-Alben des noch jungen Jahres zu tun. Das Faith No More-Fanherz schlägt höher, weil endlich einmal wieder dreizehn Rocksongs mit Patton’s Beteiligung am Stück ohne wirklichen Durchhänger serviert werden, die nach ‚Anonymous‚ vielleicht etwas verprellten Tomahawk-Fans, die nicht wirklich etwas mit Fantômas und ähnlichem Gespinne anfangen können, freuen sich über die Rückkehr ihres schmerzlich vermissten aufgedrehten Art-Rock mit Mr. Bungle-Schlagseite. So oder so merkt man seit sie wieder das tun was sie am besten können, wie sehr man Tomahawk eigentlich vermisst hat.

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