Various Artists – Sound City: Real To Reel
Es muss das reinste Vergnügen für Neo-Regisseur Dave Grohl sein, nicht nur die aktuelle Creme de la Creme des Metal und Rock in seinem Adressbuch stehen zu haben, sondern sich dazu mit alten Helden auch Kindheitsträume erfüllen zu können. Für die Hörerschaft des omnipräsenten Chef-Sympathisanten mutiert dies auf dem verheißungsvollen ‚Real to Reel‚ zu einem weitestgehend nur souverän-altbackenen Schaulaufen. Was da mit einer drückenderen Produktion alles möglich gewesen wäre.
Der lahmende Auftritt der unsinnigerweise als „Nirvana-Reunion“ gepriesenen Performance von Dave Grohl, Krist Novoselić, Pat Smear und dem ehemaligen Beatle Sir Paul McCartney im Rahmen des Tribute-Konzertes zugunsten Opfer des Hurrican Sandy hat mit seinem gemütlichen Dad-Rock schon ein wenig vorweggenommen, was die nun versammelten elf Musiker-Mischkulanzen weitestgehend bestätigen: einen adäquaten Nachfolger für das mittlerweile auch schon wieder knapp neun Jahre alte Metal-Herzensprojekt Probot stellt die Verneigung vor den legendären Sound City-Studios (hier entstanden unter anderem Nirvanas ‚Nevermind‚, Neil Youngs ‚After The Goldrush‚ oder Fleedwood Macs ‚Rumors‚) damit höchstens auf dem Papier dar – dort aber läuft einem ob des illustren Staraufgebots von ‚Real to Reel‚ wahrlich die Spucke im Mund zusammen.
Dass die musikalische Umsetzung der theoretischen Gipfeltreffen aus Metal-, Alternative Rock-Helden und munteren Legenden nun praktisch nicht der Erwartungshaltung gerecht werden kann liegt jedoch weniger an der Tatsache, dass zu viele Köche den Brei verderben – defacto hat Dave Grohl als Strippenzieher jedem Song markant seinen Stempel aufgedrückt und dennoch versucht, die beteiligten Musiker in bestmöglichem Licht in Szene zu setzen – als an der Qualität mancher Kompositionen. Und vor allem einer generell allzu trägen Produktion.
Neben Paul McCartney (‚Cut Me Some Slack‚) sammeln sich jedoch vor allem in der ersten Albumhälfte allerhand mediokre Songs an. Keiner davon ein wirklicher Ausfall, jeder zumindest solide – kaum einer aber tatsächlich berauschend. ‚Time Slowing Down‚ klingt in etwa so, wie man sich Audioslave (vertreten durch die wie immer fantastische Rage Against The Machine-Rhythmusgruppe Brad Wilk und Tim Commerford) mit Grohl an der Gitarre und Masters of Reality-Wüstensohn Chris Goss am Mikro vorstellen hätte können – nur in langweiliger. Vor allem: langweiliger, als in den diversen kursierenden Live-Versionen.
‚You Can’t Fix This‚ ist ein simpel gestrickter Alternative-Rocker mit dezentem 70s-Anstrich und Stevie Nicks (Fleetwood Mac) am Mikro, aber ohne Feuer unterm Hintern und einfach zu gemütlich. ‚The Man That Never Was‚ ginge trotz (oder wegen?) Rick Springfield nur als brave Foo Foghters B-Seite durch. Eine okaye Metal-Halbballade wie Stone Sour sie zu machen pflegen destilliert die Bande um Corey Taylor in ‚From Can’t to Can’t‚; das punkige ‚Your Wife is Calling‚ gibt mit einem an der Grenze zu Motörhead gröhlenden Lee Ving (Fear) ein anfangs amüsantes Metal-Springinkerl samt Mundharmonika – bis der einfallslos repetitive Song nur noch nervt. Und wie viele andere hier schlicht zu lange geraten ist. Selbst bei nur dreieinhalb Minuten Spielzeit.
Viel besser gelingt das unverbindliche Intermezzo unter Freunden Grohl und seinen Kumpanen dann in der zweiten Albumhälfte, wenn sich ‚Real to Reel‚ phasenweise wie eine gelungene Trockenübung für das kommende, so heiß erwartete und reich besuchte sechste Queens of The Stone Age-Album anfühlt. ‚Heaven and All‚ zeigt davor noch schnell, dass es absolut egal ist, wer für Robert Levon Been und Peter Hayes tromelt, weil im Endeffekt doch ein astreiner Black Rebel Motorcycle Club-Song steht.
‚Centipede‚ gerät danach aber zuerst zur sperrigen Lagerfeuernummer mit Josh Homme in der Hauptrolle, spätestens wenn der Song in den repetitiv eilenden Rock ausbricht tut sich hier eines der definitiven Highlights auf. Den Desert Session-Spirit rettet die Gang hinüber in ‚A Trick With No Sleeve‚, wo Alain Johannes den Mark Lanegan gibt und der Grunge der Screaming Trees im Raum hängt. Zum Abschluss reitet Grohl mit ‚If I Were Me‚ die angenehme ‚In Your Honour‚-Balladen-Schiene und ‚Mantra‚ mutiert ganz wunderbar zum vielversprechenden Amalgam aus Wüstenrock der Marke Homme samt technoiden Industrial aus dem Hause Trent Reznors. Selbst in diesen Momenten der blinden Eingespieltheit mag ‚Real to Reel‚ nicht wirklich ausgegoren wirken – macht aber zumindest nicht mehr nur den Musikern Spaß.
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