Weeping Sores – False Confession

Der progressive Death Doom von False Confession kann nicht nur mit schwindelfreier Unberechenbarkeit im Songwriting und brutaler Schönheit der Performance aufwarten, sondern auch mit einem instrumentalen Twist: Weeping Sores besetzen ihre eigene Kampfzone.
Bereits 2017 tat sich das (auch bei Seputus gemeinsame Sache machende) Pyrrhon-Doppel Doug Moore und Steve Schwegler mit der (unter anderem bei Tchornobog beschäftigten) Violinistin Gina Hendrika Eygenhuysen zusammen, um dem Death Doom Metal mit Weeping Sores über eine erste selbstbetitelte EP neue Facette abzugewinnen – und nun mit False Congfessions auch auf Langspielerformat einr unorthodoxe Nische des Genres zu bearbeiten.
Dabei hat Moore eine technisch furiose Bühne geschaffen, um sich mit geduldiger ausgelegtem Songwriting von seiner Stammband zu distanzieren, mehr noch aber eine, auf der das Streicherinstrument kein Gimmick sondern (erst einmal installiert) integraler und essentieller Bestandteil für den Charakter der Musik bildet – als kein ausschmückendes und begleitendes Element, sondern bittersüßenr Balanceakt und frenetischen Konterpart für die brütenden Metalgitarren, mitten drinnen im Auge des Orkans. Mehr noch dirigiert Eygenhuysen gerade weite Strecken des abschließenden Endes von Sinking Beneath the Waves mit cinematographischen Wehmut.
Der Weg dorthin ist ein dynamischer, dicht und komplex, assoziativ irgendwo zwischen Morbid Angel und Portal, als großes Ganzes stimmig und dennoch individuell-charakteristisch in den Teilstücken.
Der Leviathan Scars Whispering Secret Tongues sammelt doomig seine Riffs-Kaskaden, schickt tiefe gutturale Growls und Gekeife über unendlich detailliert tackernden Drums und forciert schräg neben der Spur liegende Melodien. Sobald die Violine in das Geschehen eingreift addiert sie eine sehnsüchtige Melancholie zur Härte, gebärdet Weeping Sores langsam walzend und tragisch schwelgend, in einer hymnischen Tragik – die Instrumente kommunizieren schwindelfrei.
Song of Embers widmet sich dagegen noch expliziter dem weihevollen Gang, ist kontemplativ getragen der Melodie verpflichtet. Anmutig fließt diese, kippt einen vermeintlich repetierten Morast, wobei die Gitarre eine Pallbearer‘eske Klarheit besitzt, zum Alternative Rock schielt. Dort taucht eine Score-Schönheit auf, um sich in in einen umso wütenderen Veitstanz im Ringen um die Vorherrschaft der Extreme zu stürzen.
Übernimmt (das perfekt betitelte) Transfiguration of Flesh Into Dream, gewinnt diesen die fieseste Nummer. Da ist ein kotzend-bolzender Groove, extrem konzentriert angerührt. Es ist schlicht grandios, wie die Soli eskalieren und in die Streicher-Arrangements stürzen, die Drums hyperventilieren und trotzdem alles songdienlich bleibt, selbst wenn sich alles im Suspence aufreibt und die Transzendenz findet.
Die fiepende Gitarre destilliert später den progressiv Touch von The Leech Called Shame als impulsive Aufarbeitung von an sich verkopften Plänen und Valediction Prayer klingt phasenweise so gepeinigt, um dann wieder mit leiser Hoffnung jubilierend durch einen Metal-Festsall zu schweifend. Dass danach das Gefühl bleibt, dass Weeping Sores trotz aller Selbstsicherheit und Unverrückbarkeit erst am Anfang stehen, sich mit False Confession erst einmal im Kreis drehen und ihr Hoheitsgebiet vermessen, bevor sie ihr Amalgam tatsächlich in Bewegung setzen, schmälert den Mut jedem Durchgang wachsenden Eindruck nicht, den eine weitere I, Voidhanger-Trophäe erarbeitet.
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