Blink-182 – California

von am 5. Juli 2016 in Album

Blink-182 – California

Nach dem neuerlichen Zerwürfnis mit Tom DeLonge machen Mark Hoppus und Travis Barker mit Alkaline Trio Boss Matt Skiba weiter. Womit die aktuelle Inkarnation von Blink-182 auch gut und gerne als waschechte Punkrock-Supergroup durchginge. Aber wie so oft bei derartig vielversprechenden Zusammenschlüssen, ist auch California ein enttäuschendes Liegenlassen von potential – macht sich mehr als alles andere aber das Leben vor allem mit seiner Produzentenwahl schwer.

Der Nachfolger des unter Wert verkauften Comebackalbums Neighboorhoods (bzw. der ebenfalls sehr okayen Dogs Eating Dogs-EP) liefert im Auftreten von vornherein unnötig viel Angriffsfläche, indem John Feldmann California einen erbarmungslos überproduzierten Sound auf den Leib geschneidert hat. Klinisch steril und bis zur Übersättigung aufgeblasen klingt die Platte, charakterlos in dem satten Hochglanz. Was an sich energiegeladen wäre, wirkt nun kalkuliert und bemüht.  Von den wuchtigen Drums bis zu den glatten Gitarren ist California ohne jedweden organischen Raumklang ausgestattet, die Vocals stets aufdringlich im Vordergrund penetrierend. Was nicht zuletzt anhand der entnervend allgegenwärtigen „Ohoohooooo„, „Aaaahhaha“ und „Wooohooohoo„-Backing-Chören eine geradezu erbrechende Fülligkeit entwickelt.

Wodurch sich dann bald auch erahnen lässt, dass hier auch abseits des mit der Seelenlosigkeit flirtenden Sounds nicht alle Erwartungshaltungen gestemmt werden können. Blink-182 haben sich mit dem auf melancholische Hits abonnierten Skiba zwar eine gehörige Menge an Credibility und zusätzlichem Können an Bord geholt, mit der Besetzungswahl auch generell ein gutes Händchen bewiesen: Die Chemie zwischen dem Neuzugang und der restlichen Band sitzt,  Skiba hat dazu die Gitarrenarbeit von DeLonge verinnerlicht und darf im typischen Blink-182 Programm doch auch einige eigene Trademark-Duftmarken setzen, wo die Stimmfarben von Hoppus und dem Alkaline Trio-Boss sich ohnedies enorm rund ergänzen. Oldschool-Flair, das sich nicht auf der Nostalgieschiene ausruht.
Auf dem Songwriting-Sektor bringt Skiba der Band dennoch nur bedingt den in Aussicht gestellten entwicklungstechnischen Schub: Einige der hochinfektiösen Refrains hätte er auch auf den konfliktbefreiten jüngeren Alben seiner Stammband unterbringen können, verleiht California damit phasenweise einen symbiotischen Anstrich. Mit der Entscheidung Hoppus‘ Melodien jedoch als markantesten Aufgabenbereich nur mit uninspirierten Baukasten-Harmonien aus der zweiten Reihe zuzukleistern, tut er jedoch niemandem einen Gefallen. An sich tolle Songs mutieren am Stück gehört so schnell zu aufdringlichen Nervtötern, die sich wegen der Arrangements banaler anfühlen als notwendig. Und über 42 Minuten dazu zu viel Zeit eingeräumt bekommen, um sich (wenn auch ohne tatsächlichen Ausfall) in nur solide Bagatellen zu ergehen.

So begnügt sich California entlang seiner 14 Nummern (Built This Pool und Brohemian Rhapsody karikieren nur als knappe Interludes inmitten weiterhin ausbaufähiger Lyrics den beinahe legendär-infantilen Pennälerhumor eines eigentlich längst abgelegten Image) demonstrativ mit simpel gestricktem, anstandslos mitzugröhlendem Sommer-Poppunk, der mit beachtlichem Zug zur schmissigen Catchyness allerdings eben auch bisweilen nur als griffiger Einweg-Ohrwürmer-Sammlung funktioniert.
Im erfrischend euphorisierend aufs Gaspedal drückenden Cynical erklärt Barker etwa in unter zwei Minuten, warum er sich aktuell mit Omar und Cedric bei Antemasque die Zeit vertreiben darf – unnötig dabei zu erwähnen, dass das Schlagzeugspiel auch nach dem die Stimmung setzenden Opener einen Gutteil der Qualität von California stemmt. Die Stafette aus Bored to Death (ein suboptimal restaurierter Rückblick auf die selbstbetitelte Blink-182-Glanztat von 2003 aus der AK3-Perspektive), She’s Out Of Her Mind, Los Angeles (metallischeres Riffing hinter dem digitalen Drumkit und der aus dem elektronisch anmutenden Strukturen ausbrechende Refrain zeigen den Einfluss von Skiba deutlich) ist dann eine einzige frontal agierende Single-Aneinanderreihung, auch das mit Fall Out Boy-Patrick Stump geschriebene Sober (Handclaps und „Nanana„s am Fließband schreiben den Pop groß) wird aus begeisterten Kehlen intoniert werden.
Zu diesem Zeitpunkt – und spätestens mit No Future – wird jedoch klar, dass es California absolut nicht an Eingängigkeit und enormen Hitpotential mangelt, aber an Varianz. Man hat sich an der eingeschlagenen und auslaugend durchdeklinierten Gangart der Platte schlichtweg bereits nach kurzer Zeit sattgehört. Ein paar Ecken, Kanten und Dreck mehr (und natürlich all die anbiedernden Stadionchöre weniger) hätten da in Summe Wunder wirken können, während kurze Ausreißer aus dem Einerlei wie balladesk zurückgenommene Home Is Such A Lonely Place oder der melancholisch treibende Titeltrack nur den Tropfen auf dem heißen Stein darstellen. Die Weichen für eine vielversprechende Zukunft stellt California als zweites Debüt der Band dennoch vielversprechend. Die Brechstange gegen Understatement einzutauschen sollte nach abgelegter Anfangsnervosität schließlich drinnen sein.

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1 Trackback

  • Biffy Clyro - Ellipsis - HeavyPop.at - […] selbstreferentiellen Backingchören als Ellipsis generell hat derzeit wohl übrigens nur California zu bieten) ist ein adäquates Brett. Der catchy Popmaschinen-Groover…

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