Queens of the Stone Age – …Like Clockwork

von am 28. Mai 2013 in Album

Queens of the Stone Age – …Like Clockwork

Ich möchte lieber ein kleiner Teil von etwas Großartigem sein als ein großer Teil von einem Haufen Scheiße“ meinte Joshua Homme um die Veröffentlichung der Songs for The Deaf. Der 40 jährige bleibt als alleiniger Strippenzieher dem einstigen Vorsatz zwar auch auf …Like Clockwork nur bedingt treu, setzt seine nahezu unüberschaubar ausführliche und prominente Gästeschar aber so gelungen und kurzweilig in Szene wie lange nicht mehr.

Diese beachtliche Musikerriege hinter dem sechsten Queens-Studioalbum besteht neben Alt-Trommelvieh Joey Castillo und seinem Ersatzmann, der ehemaligen The Mars Volta-Kracke John Theodore, sowie Troy Van Leeuwen, Michael Shuman und Dean Fertita als Stammmannschaft, aus Kumpels (Nine Inch Nails-Kopf Trent Reznor, Arctic Monkey Alex Turner, UNKLE-James Lavelle), (Beinahe-)Familie (Brody Dale, Alain Johannes) und skurrilen Additionen wie Scissor Sisters-Frontmann Jake Shears oder Elton John.
Wichtiger aber natürlich: Homme versammelt das Dreamteam hinter Songs for The Deaf wieder. Foo Fighters-Kopf Dave Grohl, Schläger Nick Oliveri und sogar Grantler Mark Lanegan folgten dem Ruf in die Pink Duck Studios. Freilich bürdete Homme …Like Clockwork damit von vornherein zusätzlich immense Erwartungshaltungen auf, die nach 6 Jahren Queens-Durststrecke ohnedies nicht gerade klein gesteckt waren.
Und um es gleich vorwegzunehmen: die unbändigbare Magie alter Tage fehlt …Like Clockwork. Die richtigen Perspektive allerdings nicht.

…Like Clockwork macht es dem Hörer leichter als die beiden Vorgänger: mit straighteren, schlichtweg stärkeren Songs als Era Vulgaris und mehr Substanz sowie genaueren Zielsetzungen als Lullabies to Paralyze. In seiner Verspieltheit und dem Flirt mit in alle Richtungen ausfransenden Möglichkeiten lehnt sich …Like Clockwork in der eigenen Discographie am ehesten noch an ‚Rated R‚ an (ohne [natürlich] über ebenbürtige Songs zu verfügen), ist darüber hinaus aber vor allem bemüht, den Queens of The Stone Age neue Facetten in ihrem gereifteren (durchaus auch richtig: wenig hungrigen) Songwriting abzuringen. Ein Unterfangen, dass über zehn Versuche mal besser, selten schwächer funktioniert, die illustre Gang aber immer in kurzweiligen Farben ausleuchtet.

Platz für die auf Nummer Sicher gehenden Hits haben Homme und Co. klarerweise wieder eingeräumt, auch wenn der zurückgelehnte Ohrwurm Coffee and TV I Sat by the Ocean schon im Vorfeld darauf hingewiesen hat, dass die Queens im siebzehnten Jahr ihres Bestehens auch auf Albumlänge gesetzter und in sich ruhender klingen als je zuvor. In diese gemäßigteren Grundausrichtung fügen sich selbst nach vorne gehende Ausreißer wie das getriebene My God is the Sun nahtlos ein, trotz dramatisch stolzierendem Riff und verschleppt antauchenden Grohl-Schlagzeug.
Braucht …Like Clockwork Aushängeschilder für die Charts, sind es relativ klar diese beiden Songs – auffällig aber: selbst hier machen es sich Homme und Co. nicht so einfach, wie sie es sich bei den jüngeren Singles (Little Sister, Sick, Sick, Sick,…)taten. Der Druck von außen scheint endgültig abgeblockt zu sein, jener von innen in souveräne Konsequenz verwandelt.

Zerschossener Drug-Rock (Downers, diesmal!) ala Era Vulgaris findet sich trotzdem auch auf …Like Clockwor‚ wider, ob in der mit magenunverträglich scheppernden Bass und torkelndem Schlagzeug ausgestatteten, sinister pochenden Karambolage Keep Your Eyes Peeled oder im psychedelischen Heroinfunk von Smooth Sailing: vor Hip Hop-tauglichen Beats klingt Homme wie der uneheliche Sohn von Prince und Jesse Hughes im Gruselkabinett von Muse: „I blow my load all over the status quo/ Here we go!“. Kurios Ausreißer mit ordentlich einem an der Waffel – und wenig rückschlussreich auf das große Ganze, viel eher schillernde Mosaikstücke.
Denn mal grooven die Queens als Them Crooked Vultures-Ableger so sexy wie selbstbeherscht auf dem Highway (If I Had A Tail); zerreißen sich selbst zwischen elegischen Tagträumen an der Beatmungsmaschine und kontrolliert handzahmenen, halluzinierenden Stadiongesten (Kalopsia) oder verheizen das Gros der Gästeschar im nur langsam in Gang kommenden Standardrocker Fairweather Friends: souverän ist das mindestens ebenso wie durchwegs gekonnt inszeniert, trotzdem klingen Homme und Co. mitsamt dem klimpernden Elton John im Anschlag in den schwächsten Momenten wie ihre ureigene Altherrenversion.

Nebenan im Spätherbst stehen dafür gefühlvolle pianozentrierte Balladen wie The Vampyre Of Time And Memory, dass seine Gitarrensoli geschmackvoll schunkelnd in den Schmalz tritt oder der melancholische Schlussakt des vergänglich grübelnden Titelsongs, der die restliche Kombo erst nach und nach gedankenvoll in Stellung bringt und das ausladenden Fraggles-Finale des subtil-melodiösen I Appear Missing zur nur zweitbesten Variante degradiert, um aus der wohl entspanntesten Queens of the Stone Age-Platte bisher zu entlassen: einem zurückgelehnten und doch selbstsicheren 45-minütigen Grower von einem nicht immer bombensicheren, aber doch nahezu ausfallfreien Album, den man der den Zenit mutmaßlich überschritten habenden Band derart gar nicht mehr unbedingt zugetrauen wollte.

Dass unter den potentiell historischen Voraussetzungen ein Songs for The Deaf 2 entstehen hätte können, durfte hingegen ohnedies niemand ernsthaft erwartet haben. Viel eher scheint Homme mit …Like Clockwork dort angekommen zu sein, wo sich Era Vulgaris und Lullabies to Paralyze  noch auf dem neujustierenden Weg verloren haben.
Man darf also durchaus von einer erfreulichen Enttäuschung sprechen, wenn das beste Queens-Werk seit einem Jahrzehnt das nunmehr dritte am Stück ist, dass die (eigentlich längst überholten) Erwartungshaltungen nicht stemmen kann – sich deswegen aber nicht wie seine Vorgänger selbst zerfleischt. Womit Joshua Homme irgendwo auch den Kompromiss zwischen den Extremen seiner alter Vorsätze gefunden hat.

Queens of the Stone Age Live:
02.07.2013: Stadthalle Wien
03.07.2013: Volt Festival, Sopron

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