Arbouretum – Let It All In
Dave Heumann und Arbouretum sind spätestens jetzt via Let It All In an einem Punkt ihrer Karriere angekommen, an dem die niemandem mehr etwas beweisen müssen – die Aussicht aus der Nische des Liebhaber-Geheimtipps emporzusteigen, aber auch merklich begraben haben.
Was sich so im positiven wie nicht zwangsläufig negativen nachhören lässt, weil (der im vergangenen Jahr via Bandcamp sehr freigiebige) Heumann mit Let It All In wieder kein schlechtes Arbouretum-Werk aufgenommen hat, sondern ein zutiefst typisches und zuverlässiges, dass aber eben auch Überraschungen oder einen wirklich packenden Hunger vermissen lässt, wenn der Folk durch die Automatismen des Psychedelik Rock fließt.
Als würden Midlake in den 70ern von mittelalterlicher Anmut träumen, transportieren Arbouretum mittlerweile eine immanente Routine in ihren Songs, entspannt und auf sich selbst vertrauend. Alles ist mit dem (je nach Zählweise) zehnten Studioalbum noch geduldiger und zwangloser geworden: es braucht kein Spektakel mehr, keine Aufregung, vielleicht aber ein bisschen mehr Gefälligkeit, die über das Gros der Platte für weniger explizit hängende Szenen sorgt.
Selbst eine an sich eruptiv ausgelegte Nummer wie No Sanctuary Blues spielt die Band mittlerweile schließlich fast nur noch weich und meditativ. Night Theme erforscht den Festsaal bluesig, lässt sich aber über weite Strecken bewusst ziellos treiben, bevor High Water Song als nonchalante Beiläufigkeit näher am Country-Ende des hauseigenen Spektrums beschließt.
Dass Heumann keine Wagnisse eingeht, ist bei dieser sofort einnehmenden Atmosphäre und Zauberstimme freilich kein Dilemma. Trotzdem fällt es natürlich auf, dass er auf vorherigen Alben wie Song of the Rose (das so ja auch schon nach dem Zenit der Band entstand) deutlich größere Melodien und Hooks über die Hintertüre in seinen Songs emporhob.
Insofern bleiben zumindest die inszenatorisch stärker akzentuierten Phasen der Platte am deutlichsten hängen. A Prism in Reverse schreitet etwa als Stehtanz in manierlich marschierender Haltung, die Arrangements und der aufgeräumte Minimalismus sind markant beim Blick in die Vergangenheit. Headwaters II täuscht die Näherung an den konkreteren Ohrwurm an, bleibt aber immer noch wie nahezu alles hier vage. Das gelöste Solo könnte den Frusciante–Chili Peppers im Sonnenuntergang allerdings trotzdem gefallen und Buffeted By Wind bleibt durch seinen schunkelnden Rhythmus präsenter.
Noch charakteristischer mit Let It All In wird man jedoch die weitläufigeren Nummern der Platte verbinden. Der Opener How Deep It Goes ist so eine locker-geschmeidige Eingängigkeit, leicht und entspannt, die zum unaufdringlichen Jam ausholt und um die immanente Klasse des Songwritings weiß. Das Titelstück geht einen ähnlichen Weg, praktiziert aber mit straight-polterndem Highway-Drive die ungebundene Freiheitsliebe fetziger rockend und noch elaborierter – worin man sich dann doch wieder verlieren kann.
Zwar wird Let it All In vielleicht auch durch diese Passagen keineswegs erste Wahl, wenn die Lust packt, vom Raum-Zeit-Kontinuum von Arbouretum begleiten zu werden – die Bestätigung, dass jedoch selbst mittlermäßigere Alben der Band niemals in die nähe einer tatsächlich greifbaren Schwäche kommen, erschafft dann aber doch insgeheim auch ein heimeliges, wärmenden Gefühl von sicherer Geborgenheit.
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