Bat For Lashes – The Haunted Man

von am 15. Oktober 2012 in Album

Bat For Lashes – The Haunted Man

Zwischen opulenten Popballaden und unterkühlten Synthieklängen versucht sich Natasha Khan unter ihrem Pseudonym Bat For Lashes auf ihrem dritten Album The Haunted Man einzupendeln, einmal mit mehr, einmal mit weniger Erfolg.

Mit einem Albumcover Monate im Vorfeld der Veröffentlichung für mehr Furore zu sorgen als mit bereits lange von offizieller Seite kursierenden, hochwertigen Songs – mit so einer Situation würde man Natasha Khan alias Bat For Lashes in erster Linie nicht in Verbindung bringen. Publicitytechnisch sicher nicht der schlechteste Ausgangspunkt für das von nicht wenigen heiß ersehnte Album nach ‚Two Suns‘, oder viel mehr: nach ‚Daniel‘, dem Song, dem vor drei Jahren nicht nur die Herzen ansonsten wenig popaffiner Karate Kid-Fans zugeflogen sind. Diese drei Jahre wollte sich Khan dann auch Zeit nehmen, nicht nur für musikalische Prioritäten, aber doch auch um den von ihr selbst befürchteten Schnellschuss möglichst abzuwehren. Die Jagd ist vorüber, die Beute geschultert – ob Khan mit ihrem stechenden Blick am Cover nun durch die betonte Verletzlichkeit und Naturverbundenheit die das Schwarzweißfoto von Starfotograph Ryan McGinley kokettierend vermitteln möchte, oder sich in der Tradition von ikonischen Plattencovern wie denen von Patti Smith sieht, bleibt offen.

Dass der Einstieg mit ‚Lilies‘ nicht so fulminant ausfällt wie damals ‚Glass‘ als Beginn von ‚Two Suns‘, es sich dabei aber trotzdem noch um einen der besseren Songs aus Kahn’s Feder handelt, sollte mehr als Argument für die Geniestreiche die sich auf dem letzten Album befinden als ein Indiz für ein zurückgehendes Songwritingtalent verstanden werden. Hier werden die Synthies als Kontrast zu lieblichem Dream-Pop noch effektiv tief brummen gelassen, anstatt sich wie auf dem Rest des Albums nur zu oft in beliebig anmutendes Melodiegedüdel zu verlieren. Die für Bat for Lashes so markanten Streicherarrangements treiben das Album schon früh auf einen ersten Höhepunkt hin, bevor es abrupt mit der nur all zu sehr an das schnell totgespielte ‚Somebody That I Used To Know‚-Phänomen Gotye aus dem Vorjahr gemahnende Single ‚All Your Gold‘ abgekühlt wird. Gekonnt wird jedoch Richtung gefälliger Moloko-Lässigkeit manövriert, die choreographische Theatralik des dazugehörigen Videos sieht man auf Platte ja nicht. Was man vom zweiten eindeutigen Highlight auf The Haunted Man weniger behaupten kann: zwischen den kühlen elektronischen Soundlandschaften die den Song umgeben sticht ‚Laura‘ mit seinem reduzierten, organischen Bläser- und Pianospiel und Khan’s – deutlich markanter als zum Beispiel noch in ‚Daniel‚ im Vordergrund befindlichen – Stimme hervor wie Lana Del Rey’s künstlerische Daseinsberechtigung ‚Video Games‘ aus dem David Guetta-Chartsghetto des zu Ende gehenden Jahres.

Generell verausgabt sich Khan stimmlich auf The Haunted Man mehr noch als auf den letzten Alben, mehr als nötig kommt sie dem, was schon Florence + the Machine mittlerweile gerne mal mit kraftvollem Gesang verwechselt gefährlich nahe. Ihre Stimme ist der ständig im Vordergrund präsente Hauptdarsteller des Albums; tonale Höhen, die auf ‚Two Suns‘ noch Akzentuierungen zwischen Selbstbewusstsein und Zerbrechlichkeit darstellten, sind Khans bevorzugter Spielplatz – technisch souverän umgesetzt, doch gerne mal zuviel des Guten. Speziell in den kompositorisch weniger ausgefeilten Stücken – durchaus als Füller zu bezeichnen – stellt sich heraus, dass Khans Organ von warmen, natürlich klingenden Klängen umspinnt besser aufgehoben ist. Ob ‚Deep Sea River‘ am Ende des Albums nochmal als dezent überlanges Schaustück dienen sollte sei dahingestellt, jedoch verdeutlicht es besagtes Dilemma nur zu gut.

Seltsame Experimente mit den Stilmitteln der Platte funktionieren einmal mehr (der einleitende Männerchor von ‚Oh Yeah‚, der geschickt im Refrain verwoben wiederkehrt, lässt nur kurz ein Gefühl der Ratlosigkeit zurück), einmal weniger (der Mitten im Song aus dem Nichts, ohne jeglichen Referenzpunkt am Rest des Albums, auftauchende Schlumpfenchor in ‚Marilyn‘ macht im Handumdrehen den zumindest als gelungen zu bezeichnenden Rest des Songs zunichte), letztendlich ist man gegen Ende von ‚The Haunted Man‘ aber doch froh, wenn Khan in ‚A Wall‚ mit ihrem Talent für sehnsüchtige Pophymnen nicht mehr hinterm Berg hält, und ihre musikalischen Vorzüge zu einem großen Ganzen zusammenfügen kann. Was ihr übrigens in der Zeit zwischen ‚Two Suns‘ und ‚The Haunted Man‘ ein weiteres mal gelungen ist, und zwar mit ‚Let’s Get Lost‘ am Soundtrack zu jedermanns liebstem Werwolffilm Twilight Eclipse, erwähneswerter Weise (wie später nun auch bei Laura, welches mit Hilfe von Justin Parker, seineszeichens Vertrauter von Lana Del Rey) mit Hilfe von außen entstanden, namentlich Scientology-Hausmusiker Beck.

Man kann Natasha Khan nun getrost attestieren, dass entgegen ihrer eigenen Befürchtungen weder die Kreativität noch das musikalische Talent unter dem anscheinend doch sehr auslaugenden ‚Two Suns‘ gelitten haben. Konzentriert sie sich auf ihre Stärken, bettet persönliche Geschichten in warmen, analogen Sound ein, steht im besten Falle bald mal ein Album mit Songs an, die allesamt einen Vornamen tragen könnten.

 

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