Baths – Obsidian
Will Wiesenfelds fährt immer noch den Laptop hoch wenn er zu musizieren beginnt – komponiert seine in sich weilenden, abgründig dunkel schimmernden Synthie-Songs aber nun gesangslastiger, klarer strukturiert, griffiger: für ‚Obsidian‚ hat der 24 jährige Baths in seine Version einer elektronischen Ein-Mann-Popband umgewandelt.
Die fließenden Soundflächen des Chillwave folgen nun ziestrebigeren Plänen, die Glitch-Elemente geben sich zugänglicher. Der 24 jährige Wiesenfeld setzt zwar abermals auf die Dualität aus zeitgenössischen brutzelnden Klackerbeats und atmosphärischen Texturen, schiebt aber deutlich stärker als auf dem driftenden Vorgänger ‚Cerulian‚ einprägsame Melodien ans immer noch spärliche Tageslicht. Den nur weil sich Wiesenfeld mittlerweile deutlich wohler in der Herstellung klassischer Popmomente anhand sorgsam inszenierter Elektronik zeigt, muss Baths ja noch lange kein fröhlicher Zeitvertreib geworden sein. Die direkteste Verbindung zwischen den verträumten Märchenlandschaften von (dem alleine stimmlich nahverwandten) Sufjan Stevens und der spartanischen Eingängigkeit von James Blake findet Wiesenfeld dennoch geradezu traumwandlerisch sicher.
Vor allem das herausragende ‚Ironworks‚ ist nach diesen Leitbildern ein wunderschöner, melancholischer Austausch von balladesken Pianolinien und dezenten Streichern sowie knisternden Post-Dubtep-Beats. Hier darf paradoxerweise auch am ehesten in Erinnernung an die sanft murmelndne Mùm-Ansätze von ‚Obsidian‚ geschwelgt werden, denn zu bequem will es sich Wiesenfeld in dieser wohligen Atmosphäre nicht machen und verbindet die Konkretisierung seiner digitalen und organischen Kniffe weitsichtig um den bei nahverwandten Musikern oft fehlenden Abwechslungsreichtum.
‚Worsening‚ sucht unterschwellig und geisterhaft Anschluss bei ‚The Age of Adz‚ und ‚Cold Spring Fault Less Youth‚. ‚Earth Death‚ kommt dagegen schwerem Industrial so nahe, wie das die generelle Verletzlichkeit von Wiesenfelds Kompositionen zulässt. ‚Miasma Sky‚ ist schüchterne Clubmusik, ‚Phaedra‚ zieht seine Dynamik aus dem hektisch arbeitenden Rhythmen und dem beruhigenden Drinnherum, ‚Ossuary‚ drückt als Elektrorocksong mit treibender Basslinie ebenso energisch auf die Indietanzfläche wie es das langsam pumpende, stampfende Stück sexueller Frustration ‚No Eyes‚ auf seine Art tut: „Come and fuck me/ And it is not a matter of/ If you love it/ But it is only a matter of/ My fix„).
‚Obsidian‚ ist so eine vielfältige und kohärente Teufelsaustreibung der inneren Dämonen Wiesenfelds geworden. Musikalisch betörend anmutig und dahinter auf emotionaler Ebene geradezu verstörend abgründig. Nicht nur hier erinnert die Entwicklung von Baths an eine digitale Version von Mike Hadreas letztjähriger musikalischer Selbsttherapie: mit knirschenden Beats, sich spärlich aufbauenden Soundflächen und suchendem Texten (alleine: „First boyfriend/ You live in my house and we share a toilet seat/ And I am not the least bit drawn/ The covers in divisive heaps/ Scared of how little I care“ – im verspult schnipselnden Puzzlestück ‚Incompatible‚) transferiert Wiesenfeld verquere Ohrwürmer ähnlich jener von Perfume Genius in seinen eigenen Klamgkosmos aus stiller Verzweiflung und zerfließender Sehnsucht. Weswegen man sich nun durchaus auch vorstellen kann, wie Majical Cloudz klingen würden, wenn sie anstatt in Kunstgalerien abzuhängen lieber 7 Tage die Woche im Keller der eigenen Klaustrophobie frönen und dabei hoffnungsvoll von schimmernden Regenbogen träumen. Wiesenfeld hat eben auch als Ein-Mann-Popband keine konventionellen Ansichten von elektronischer Popmusik, sehr wohl aber die Hits für dessen melancholischens Zwielicht.
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