Colter Wall – Colter Wall and The Scary Prairie Boys

von am 1. Oktober 2019 in Single

Colter Wall – Colter Wall and The Scary Prairie Boys

Auch wenn 2019 offenbar ohne neuen Langspieler von Colter Wall auskommen muß, brauchen sich Anhänger des mit zeitloser Country-Authentizität brummenden 24 Jährigen vorerst zumindest nicht mangels neuer Musik des Kanadiers sorgen: Nach dem Gastspiel auf Malice, Mercy, Grief & Wrath von Belle Plaine sowie einem Beitrag für den Soundtrack von Texas Cotton nimmt sich Wall nun zwei klassische Cowboy-Songs vor.

I’ve wanted to put out a 45 for a while now“ erklärt Wall und trommelt seine Tourband, die Scary Prairie Boys – Lap Steel und Dobro-Mann Patrick Lyons, Jake Groves an der Harmonica, Drummer Jordan Solly Levine sowie Bassist Jason -, für zwei Cover-Interpretationen zusammen.
Happy Reunion stammt im Original von Mike Beck und ist eine zutiefst archetypische Westernnummer, in der der Protagonist mit seinen smarten tierischen Begleitern („My horse, he knew his business/ …/ This day in the life of a cowboy/ While that old darn world’s spinning ‚round/ Me and my dog made a happy reunion/ When we bedded that old hide down„) dem Kälber-Tagwerk nachgeht.
Wall versetzt die Nummer alleine aufgrund seiner tiefen Stimme ein latent staubigeres Outlaw-Ambiente, inszeniert die grundlegende Leichtigkeit der ursprünglich archaischen Komposition  durch das reichhaltigere Instrumentarium rund um den stoisch nach vorne gehenden Rhythmus und die liebevoll-verspielten Gitarren aber sogar noch beschwingter gallopierend, bis sich eine lockere Mundharmonika dem Geschehen anschließt. Dennoch bleibt das Geschehen nahbar, direkt und gefühlvoll. Kurzum: Wall verleibt sich ein gutes Original ein und macht daraus gefühltermaßen ein noch besseres eigenes Stück.

Ähnlich imposant der Wachstumsprozess für den historischen Ian Tyson-Deep Cut Bob Fudge, der vom minimalistischen Americana ausgehend im getragenen Tempo mit geradezu bluesigen Gitarrenmanierismen und Pianotupfern eine bedrückend-erhebende Melancholie ausstrahlt, die alle Last der Welt auf den Schultern trägt, aber dennoch hoffnungsscheu nach vorne blickt – ein bisschen, als würde Nick Cave ein unbeugsames Klagelied mit aufrechter Haltung im Country vortragen.
Trotz einer Spielzeit von knapp fünfeinhalb Minuten entwickelt auch die zweite der beiden Nummern durch die geschickt nuenacierte Dynamik der Arrangements und die Tiefe des Vortrags eine fesselnde Kurzweiligkeit, die diesen Ausflug mit den Scary Prairie Boys zu einem wunderbaren Kleinod in der Wall’schen Diskografie macht, annähernd auf Augenhöhe mit dem Material auf  Colter Wall (2017) und Songs of the Plains (2018).
Schade nur, dass sich die knapp bemessene Single auf gerade einmal zwei Songs beschränkt. Immerhin hätte Wall theoretisch ja noch so einige imposante Tribute aus verschiedenen Quellen auf Lager gehabt (Railroad Bill, A Dollar a Day, White Freightliner Blues, Western Swings and Waltzes, …) und die Single insofern zu einer stimmigen EP ausbauen können. Aber gut – selbst dann hätte man aber wohl nie genug von der Zeitreise-Magie des Mannes aus Saskatchewan haben können.

 

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