Devon Welsh – Down the Mountain
Nach dem Ende von Majical Cloudz spendiert Devon Welsh acht Songs, die es nicht auf Are You Alone? und Wait & See schafften und solche, die er im vergangenen Sommer spaßeshalber aufnahm und nun vor der Vergessenheit retten wollte, denn: „forgotten songs are sad.“ Sind sie aber auch im gesammelten Verbund hier.
„This is a small collection of songs that were written at different times over the last two years. Some of them were written during the same time as Are You Alone? but did not end up on that album for one reason or another. Others were written and recorded for fun last summer. I want to release all these songs because I like them a lot and since I am working on new music, my attention will inevitably go to that new music and these songs will be forgotten, and forgotten songs are sad. So this isn’t an album, and it isn’t an album of „new music“, but it’s a collection of older songs that I like and that I feel deserve to be released. Note: The recordings might sound a bit rough, I mixed and mastered it myself and am in the process of learning how to be better at that…“ schickt Devon Welsh vor Down the Mountain vorneweg.
Dass Welsh seinen Backkatalog nach der Trennung von dem kongenialen Partner Matthew Otto aufzuräumen gedenkt, um ohne angestaute Altlasten in die Zukunft blicken zu können, ist durchaus verständlich. Unverständlich dagegen, wie man das via Bandcamp geschürte Bandcamp-Paket Down the Mountain als Fan dann allerdings übersehen konnte – vielleicht war einfach die Trauer über den Split von Majical Cloudz noch zu frisch?
Ein rückblickender Fingerzeig auf diese bereits im Mai 2016 erschienene Compilation muss der Vollständigkeit an diese Stelle dann aber doch noch sein – schließlich sind die versammelten 32 Minuten auch ohne runden Spannungsbogen im Gesamtgefüge zu gut, um sie unter den Tisch zu kehren.
Umso paradoxer, dass bei Down the Mountain zuerst die Dinge ins Ohr stechen, die der Alleingang von Welsh in direkter Relation zu dem regulären Majical Cloudz-Material weniger gut kann. Noch minimalistischer als der ohnedies schon so aufgeräumte und spartanische Minimalismus seiner ehemaligen Bandplattform wirken die Songs hier oft wie Skizzen, zumeist alleine auf Welshs so melancholische Stimme und darunter liegende ambiente Synthiegerüste bauend, denen noch das gefinkelte Produktionselement Ottos fehlt – das gewisse Etwas, das Raum zum Atmen schafft und gleichzeitig den Fokus auf den Pop schärft. Denn dieser einnehmende Schwall der Melancholie, in dem Welsh sich demonstrativ suhlt, diese tröstende Elegie, die unmittelbar entsteht, wenn der Sohn von Windom Earle den Mund öffnet, er kann ohne das ausbalancierende Gegengewicht des subtilen Detail-Produzenten Otto schon einmal zu gleichförmig und übersättigend wirken, wenn man sich nicht bedingungslos von der erzeugten Atmosphäre umspülen lässt.
Was bleibt ist deswegen quasi die Grundsubstanz dessen, was man an Majical Cloudz lieben musste – abseits des soghaften Organs Welshs zudem auf fein nuancierter Grundbausteinen errichtet, in vielleicht noch dunklere mit sich selbst hadernde Gebiete gelockt. Don’t Let Me Hide schwebt auf einem trostlosen choralen Synthiemeer der Depression entgegen („I am scared/ I feel fake/ But you are someone/ I won’t turn away/ I am unhappy/ And you are too/ We’re not perfect/ And I need you„), die Beinahe-Klavierballade The Movies gerät ebenso zum Sterben anmutig wie auch das schunkelnde I Will Love You Forever mit feuchten Augen.
What I Meant bringt die Young Marble Giants nach Twin Peaks und das Gefühl von Down the Mountain auf den Punkt („I’m not having fun here/I’m just on my own/ No one ever comes around/ No one that I know„), bevor die karge Selbstreflexion I Won’t Let You Down zündende Ideen vermissen lässt und dennoch fesselt. Nur Dreams plätschert dann tatsächlich gar zu ereignislos.
Starlight ist dagegen ein in E-Orgeltöne und digitale Streicher-Ansätze gepackter Lovesong mit geschlossenen Augen und zu abrupten Ende – wie auch der sanft pulsierende Titeltrack, der mit etwas mehr Stringenz über dem Trübsinn ein potenter Majical Cloudz-Hit als Gegenpart zu Chilldhood’s End hätte werden können, „yeah yeah.“
Aber eben: Nicht alles hier ist makellos ausgearbeitet, es bleibt ein unfertiger Beigeschmack, natürlich. Das Ergebnis ist dennoch stimmig. Jede Nummer schmiegt sich nämlich in so verletzlich schöne, zärtlich und bittersüß entfaltete Melodien, so eingängig und abgründig, wie man sich das von Welsh nur erträumen kann. Insofern sollte man gerade als Fan nicht den Fehler machen und Down the Mountain verpassen.
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