Formalist – We Inherit a World at the Seams

von am 28. Mai 2023 in Album

Formalist – We Inherit a World at the Seams

Formalist haben sich angesichts der imposanten Rückkehr von Khanate – also der am deutlichsten Pate für den MO der Italiener stehenden Institution – nicht den einfachsten Moment ausgesucht, um mit ihrem Zweitwerk We Inherit a World at the Seams aufzuzeigen.

Fünf Jahre nach No One will Shine Anymore, dem Debütalbum der Allstar-Gruppe, sorgt allerdings nicht nur das aufsehenerregende Cover mit Yukio Mishima dafür, dass Formalist ordentlich Beachtung im Spannungsfeld aus Sludge-, Doom- und Drone-Metal-Anhängern erfahren sollten: Ferdinando HM Marchisio (Vocals), Michele Basso (Guitars & Electronics), Riccardo Rossi (Drums & Electronics) und Neo-Bassist Marcello Groppi verorten ihren Sound schließlich als eklektisches Amalgam assoziativ inmitten der besten der Szene, lassen über Khanate hinausgehend an Keeper, Corrupted und (vor allem im greinenden Quälen des keifend hinausgespienen Gesangs referenzierend) Eyehategod denken.
Später, wenn sich der Closer Selfish aus seinem dunklen lovecraft‘schen Schleier eines Nebel-Mysterium vom malmend bratzenden Zeitlupen-Tieftöner aus den Fängen einer französischsprachigen Rezitation befreit hat, schleichen die Gitarren gar wie eine nachdenkliche Pilgerreise von Thou in trostlose Gefilde jenseits von Pallbearer, an deren Ende ein nihilistische Mantra wartet: „To be alive is a selfish act“ – bevor die Band ihre Kaskaden noch einmal Monolithen auftürmt und etwas uninspiriert in der Kakophonie des Feedback ersäuft.

Auch das vorangegangene Monuments, das nach dem Kontrast aus Sprach-Kontemplation und aufbrausender Gestik dem ruhigen Wellengang aus Riffs eine malerisch-melodramatische Epik andeutet, um dann mit Geheule assig heulend aufzukochen, sich aber angesichts der tragischen Atmosphäre in Sachen Aggressivität zurückhält, endet zu abrupt, nachdem Formalist das Szenario hinten raus zum heavy Monolithen gestaffelt haben – was bei einer generellen durchschnittlichen Spielzeit von rund einer Viertelstunde pro Song Bände hinsichtlich der Kurzweiligkeit von We Inherit a World at the Seams spricht.
Die Essenz dieser einladenden Hässlichkeit ist dabei schon in Warfare proklamiert, wenn garstig-stoische Schübe dreckig dem Noise frönen, die Vocals verzweifelt aufwühlen und die überlegt in sich gehende, am weißen Rauschen eines ätherischen Baches gebaute, elektronisch brutzelnde Oase der Ankerpunkt eines Aufbäumens und Lösens in der Dynamik ist, wo alles ist ein ungezwungener Kraftakt ist.
Am Ende streift die Rückkoppelung fast versöhnlich und friedfertig in ihrer bedächtigen Schwere, zu der noch so kotzbrockig skandiert werden kann, da der stille Ausklang am gequälten Herzen passiert: Formalist haben mit We Inherit a World at the Seams ein wirklich starkes Zweitwerk geschaffen, dem (abseits der genialen Höhepunkte nur wenig zum Aufrunden zwischen den Punkten in der Endbewertung fehlt und dem) man ungeachtet der ihn umgebenden Geburtsumstände höchstens vorwerfen kann, dass man eben weiß, dass die von den klar erkennbaren Vorbildern erzeugte Katharsis noch schonungsloser und runder erzeugt werden kann.

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