Friendship – Undercurrent

von am 30. Juni 2019 in Album

Friendship – Undercurrent

Dass wir das offizielle Friendship-Debüt Hatred 2017 übersehen haben, ist nach wie vor unverzeihlich. Auch das permanente Erwähnen als adäquate Konkurrenz zu Genre-Größen wie Palm, Nails, Baptists oder Full of Hell war keine wirkliche Abbitte. Da trifft es sich natürlich gut, dass die Japaner mit Undercurrent einen zumindest ansatzweise ebenbürtigen Nachfolger hinterherschicken.

Nur ansatzweise ebenbürtig, weil Hatred dann doch merklich besser gelungen war – die stärkeren Einzelsongs mit schärfer gesetzten Akzenten und variableren Dynamikverschiebungen zu bieten hatte, dazu den geileren Sound mit seiner bestialisch böllernden Kickdrum.
Undercurrent geht die Dinge mit einer ausgewogeneren, an sich „besseren“ Produktion und gleichförmiger aggressiven Hass-Bombardement allerdings nur minimal schwächer an, positioniert sich allerdings latent generisch am typischen Genre-Sound ausgerichtet etwas weniger eigenständig und unverwechselbar, ist zu konventionell ausgerichtet eine Nummer-Sicher-Platte, knallt aber nichtsdestotrotz mit bestialischer Hartnäckigkeit in die Extreme, wenn Ansätze von zuviel Stangenware im Songwriting von überragenden Start- und End-Parts eingerahmt werden.
Die wütende Messlatte, was ultrabrutalen, extrem rasenden Dark Hardcore mit ätzender Crust-Kante und heavy Powerviolence-Überbau im tonnenschweren Grindcore-Morast angeht, steht 2019 im Land der aufgehenden Sonne ohne jeden Funken Helligkeit eben mit einem dezent enttäuschenden Gefühl aber verdammt viel Kompetenz in der Chiba Prefecture.

Immerhin macht Undercurrent natürlich trotzdem viel mehr richtig als falsch, ist vielleicht nur eine gute Friendship-Platte, aber darüber hinaus trotzdem ein atemloser Genre-Ritt. Nachdem das Intro Demise als noisige Klangcollage die Stimmung vorgegeben hat, gibt es schließlich kein Halten mehr.
Vertigo zieht die Dinge mit hyperventilierenden Drums erst lange auf, hält hin, geht dann aber mit beißendem Tempo in medias res, kurbeln den Pit an und galopiert zum Feedback, packt Riffs aus und trainiert die Nackenmuskular, kotzen sich brachial aus, bis die Doublebass fast schon hypnotisch böse bolzt. Friendship legen hinter jeden Climax noch ein Schippchen drauf. Punishment ist ein Nomen-est-omen-Paradebeispiel, eine Eskaltionsstufe mit fast stumpfer Wut, schärft die Klingen bis das Gemetzel als Tobsucht tackert – Undercurrent ist im Zweifelsfall eher herrlich konsequent als raffiniert.

Für Lack müssen allerdings erst dissonante Gitarren auf Linie geprügelt werden und Abandon zögert sein Finale gnadenlos hinaus, während Plague von einer tollen Mathcore-Vertracktheit geprägt wird und Hatred ein fast schon griffiges Gitarrenriff installiert.
In Fiend und Garbage finden sich endlich auch die manisch-getriebenen Call and Response-Backingshouts, die beweisen, dass Undercurrent durchaus Nuancen besitzt und individuelle Betonungen kennt – man muss sie nun im einem geradezu blindwütigen Hassbatzen nur eben ausdauernder suchen. Weswegen die Härte von Friendship auf Undercurrent schon beinahe als Funktionsmusik-Ventil zu verstehen ist. Und man mit jedem Ausbruch besser damit leben kann, dass die Japaner hier eine Platte geschrieben haben, die sie eher auf der Hardcore-Landkarte betoniert, als sie abseits der Konkurrenz künstlerisch voranzubringen. Also auch eine, in deren Wellengang man sich als Ganzes der Katharsis wegen durchaus auch auf Sicht werfen wird.

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