Full of Hell & Andrew Nolan – Scraping the Divine

Der mittlerweile in Kanada ansässige Andrew Nolan fokussiert sich ganz auf seine deklarierten Lehrlinge Full of Hell, kann den Ocean City-Grindern auf Scraping the Divine aber keine neuen Tricks beibringen.
So sehr, wie die beiden Parteien in einer abrasiv desorientierenden Melange aus Death Industrial, Harsh Noise (Rock) und Power Electronics als freie Radikale die Reibung und Karambolage praktizieren, bis schlüssiges Songwriting keinen Platz mehr findet, ist es letztlich ein wenig unbefriedigend, dass sich Scraping the Divine eher wie vertrauter Terror anfühlt: Anstatt durch ein gegenseitiges Potenzieren drastisch unbekannte Gefilden zu provozieren, wirken die knapp 36 Minuten der Platte eher wie das Einigen auf eine gemeinsame Anti-Komfortzone, die Variationen bekannter verstörender Verhaltensmuster zum Schaulaufen verbindet, nicht den Kontrast für neue, faszinierende Perspektiven reizt.
Obwohl die Konstellation im Verlauf mit Taichi Nagura (Endon), GxCx (
Doch ganz überraschend kann dieser Umstand auch nicht kommen: Full of Hell haben sich schon früh in ihrer ausschweifenden Karriere Tipps von Nolan geholt und rund um den Intensive Care-Split von 2018 immer wieder miteinanderr zusammengearbeitet. Dass da nun hier viel mehr Synergie als Konfrontation herrscht, macht durchaus Sinn.
Und der Umstand, dass Scraping the Divine nicht derart intensiv herausfordert oder packt, wie man es angesichts der beteiligten Personen (oder auch der durchaus neue Schattierungen erringenden Collage Coagulated Bliss als vorangegangener Gradmesser) erwartet, bedeutet aber nicht, dass die Zusammenarbeit tatsächlich enttäuscht: Es passiert hier viel (und ausnahmslos toll[wütig]es, was das von einer abstraktes Wut zerfressene Herz erfreut, alle Anwesenden beherrschen ihr Metier.
Gradual Timeslip schreit, leidet und brüllt sich apokalyptischen durch den Industrial-Nihilismus, begegnet pulsierenden Dub-Subbässen, Orgeln, Radiatoren und hämmernden Beats, Heat Death From the Pyre tackert zwischen Disso Death und rockendem Groove. Der Horror und Suspense des röhrenden Burdened by Solar Mass tritt für glitschige Schaltkreise wummernd und zischend auf die Pharmakon-Bremse, derweil die Raserei von Sphere of Saturn in traumwandelnder Trance eine fieberhaft verstörend Zeitlupe fantasiert. Hemlock Gnosis klingt, als würde ein kaputtes Doom-Schlagzeug eine schillernde Club-Textur in schleppende Geiselhaft nehmen und Blessed Anathema speit vordergründig Hass um hinten herum in aller Heaviness eine nachdenklich schleppende Melancholie zu fabrizieren.
Im mysteriös keifenden Facing the Divide impfen die Drums eine Unruhe, von der sich Schaltkreise und Distortion nur zu bereitwillig anstecken lässt – mit einem Bein steht man hier bereits in der Eskalation der Kakophonie, bevor Approaching the Monolith eine im Feedback ersaufende Blast-Attacke wagen.
Extinguished Glow kotzt Schleimprofen auf eine malerischer Trostlosigkeit und Common Miracles hat ein grimmiges, stoisches Riff als Zentrum, um das alle Ingredienzen einem Kriegstanz aufführen, als wäre Avantgarde Black Metal das Ziel.
Und nachdem Irradiated Sands wie der komplett aus dem Leim gegangene Elektro-Remix der Hip Hop-Interessen von Sightless Pit eine maschinelle Meditation für die Psychose am Fließband liefert, blutet Paralytic Lineage als malerisches Melodram aus, gar wie eine gebrüllte Ballade im Kontext.
Diese dabei aufkommende Konsequenz im Fokus hätte der variablen (in den vier Jahren von 2019 bis 2023 aufgenommen) Platte generell gut getan. Dass das experimentelle Chaos von Scraping the Divine seine Finger weniger in jene Wunde drückt, die Full of Nolan auftreißen können, als vielmehr die Narbenbildung darüber massiert, passt aber auch irgendwie zum unbequem-unberechenbar Habitus der beiden Parteien.
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