Ghostpoet – Some Say I So I Say Light
Obaro Ejimiwe alias Ghostpoet macht im stillen Kämmerlein dort weiter, wo ihm das überraschende Debütwerk ‚Peanut Butter Blues and Melancholy Jam‚ begeisterte Kritiken und eine Mercury Prize Nominierung beschert hat. Dem hypnotischen Beat-Rausch ‚Some Say I So I Say Light‚ geht auf die volle Distanz von 53 Minuten leider dennoch gelegentlich die Luft aus.
Obwohl diesmal unter professioneller Produtzentenägide bastelnd (Richard Formby tüftelte bereits für Wild Beasts) entfernt sich der Ghostpoet abgesehen von einigen Variationen in der Feinarbeit nicht allzu weit von seinem 2011er Einstandswerk. Die Arrangements sind flächiger geworden, die einnehmende Düsternis über den elf neuen Stücken noch ein wenig urbaner. Das Händchen für krumme Albumtitel hat sich Ejimiwe jedoch beihalten, der 30 jährige rappt dazu immer noch wie im Schlafwagenmodus: einnehmend und beruhigt, unaufgeregt und intensiv. Ungefähr so, als würde Idris Elba Maxi Jazz in einem futuristischen Film Noir über Roots Manuva darstellen. Dazu brutzeln die Beats über narkotisiert-wabbernde Synthies, Minimal-Elektronik trifft auf Dubstep-Momente. Ist das Hip Hop, dann eine abstrakte Mutation der gängigen Herangehensweise. Oder verdammt verschrobener, experimenteller UK-Trip Hop mit dem richtigen Gespür für unter der Oberfläche entlanglaufende Melodien. Vielleicht aber auch schlicht ein Schnappschuss der Welt, die vor einem Jahrzehnt ‚Original Pirate Material‚ geboren hat.
‚Some Say I So I Say Light‚ lebt so vor allem von seiner eindringlichen Atmosphäre, seiner pulsierenden Mitternachtsstimmung im Lichtschein kaputt blinkender Neonreklamen und dem abgedeckt laufendem Sound. Störgeräusche schleppen sich über die verspullt arbeitenden Beats, Rhythmen und Loops. Ghostpoet sperrt seine Kompositionen dagegen allzu zu eingängig zu werden, arbeitet sich jedoch mit hypnotischer Gelassenheit in Richtung Unterbewusstsein. Trotzdem wird ‚Some Say I So I Say Light‚ immer dann am besten, wenn Ghostpoet die Songs (vor allem im Mittelteil der Platte) aus der distanzierten Nahbarkeit hervorschält und Akzente setzt. Oder auch: Gäste Akzente setzen lässt. In ‚Dial Tones‘ etwa sprech/singen Ejimiwe und Folkdame Lucy Rose sich lange Zeit elegant um eine tatsächliche Begegnung windend herum, bevor sich die beiden zu einem sorgsam beruhigten Duett treffen. Für den Hit ‚Meltdown‚ holt Woodpecker Wooliams so nahe in Richtung Pop, als es der Mülltonnen-Beat zulassen will und ‚Plastic Bag Brain‚ ist als vielleicht aufgedrehtester Track geprägt von Tony Allens eilendem Afrobeat-Schlagzeugspiel und kreisenden The Invisible-Gitarren.
This Heat-Urgestein Charles Hayward erdet das fusionslastige Jamgelage ‚Sloth Trot‚ mit schwer tänzelnden Rhythmen, während Ghostpoet und Gwilym Gold ‚Dorsal Morsel‚ zu einer soulig treibenden Meditationsinsel ausbreiten, die sich gegen Ende nicht zwischen Foals und TV on the Radio entscheiden will. ‚Msi Musmid‚ knistert dann auf elektrisierenden Wellen Richtung Radiohead/ Atoms for Peace-Pianoballade und wäre eventuell der ideale Schlusspunkt der Platte gewesen. ‚12 Deaf‚ holt zwar noch einmal Dave Okumu an Bord, bleibt aber hinter den Erwartungen zurück: Ghostpoet-Songs kreisen eben gerne eher um ihre Intensität und schichten Ideen anstatt sich konkret an ihnen entlangzubewegen – hier allerdings auf Kosten der Aufmerksamkeitsspanne. Denn auch wenn das abschließende ‚Comatose‚ ein einlullender Fiebertraum mit abgespacet ausflippendem Streicher-Finale geworden ist: ‚Some Say I So I Say Light‚ hat hier bereits seine kleinen Längen und wird für die Zukunft wohl eher eine selektive Highlight-Auswahl darstellen, als zur stringent gehörten Elektroodysee zu werden. Verlieren kann man sich in diesen schlaftrunkenen Rausch jedoch so oder so nur allzu leicht. Womit Ghostpoet seine beeindruckende Einstandsvorstellung mühelos bestätigt.
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