Hellish Form – Deathless
„Deathless is meant as a judgement of the purveyors of systemic transphobia and a balm to those suffering beneath its hold“ sagen Hellish Form und wandern den Weg vom Remains-Friedhof an mächtigen Kathedralen vorbei hinauf ins Licht.
Interpretationstechnisch gibt das Artwork (von Cauê Piloto) der zweiten gemeinsamen Platte von Willow Ryan (vocals, guitar, synthesizer – ansonsten bei Body Void oder Atone anzutreffen) und dem u.a. in den Reihen von Keeper oder Elder Devil abliefernden Jacob Lee (vocals, guitar, bass) die Ausrichtung gewissermaßen schon vor: Hellish Form folgen der gleichen Ästhetik wie auf ihrem Debüt 2021, indem sie ihren Doom und Sludge mit einer reichhaltigen Synth-Patina aufwiegen, die mehr als nur ein ausschmückendes Element darstellt, doch sind die Farben nun merklich kraftvoller geworden – die hellen Passagen strahlender, die dunklen finsterer, und die Höhen auf dem Weg nach oben überragender.
Soll heißen: Deathless macht im weitesten Sinne das weiter, was bereits Remains tat, nur durch ein paar geschickt nachjustierte Schrauben um das kleine Quäntchen besser, die Amplituden stärker und selbstsicherer auslotend. So knickt man unter all den sich aufdrängenden Vergleichen mit Pallbearer oder Warning endgültig nicht mehr ein: die 48 Minuten der Platte verfliegen beachtlich kurzweilig und trotz ihrer in sich geschlossenen Kohärenz keineswegs eintönig, die atmosphärische Dichte pflegt mit einem subversiven Gespür für Dynamiken einen ganzheitlich fesselnden Spannungsbogen, so dass keine Sekunde Langeweile entsteht.
Traurig und garstig, majestätisch und finster, heavy und erhebend, wird die grimmige Verzweiflung auf ein anmutiges Podest gehoben und die Schönheit der Tragik zelebriert, bis die pathetische Geste mit zorniger Attitüde langsam erdrückt wird: Das Songwriting, der Sound und die Präsenz von Deathless ist endgültig erstklassig – zumindst aber praktisch alles auf konstant hohem Niveau unterstreichend, womit Hellish Forms vor zwei Jahren bereits triumphierten.
Wie überwältigend das Duo im Idealfall agieren kann, zeigt dabei gleich der Opener und Titelsong, der nach seinem den Drone mit retrofuturistischen Ambient-Keyboardwelten anreichernden Intro erst Riff- Kaskaden von heroischer Ehrwürdigkeit entlang der giftig fauchenden Vocals von Lee in Zeitlupe schleppt, das märchenhafte Schimmern aber dann soweit gedeihen lässt, bis sich ein schlichtweg überragendes Finale zuspitzt, das imaginativ so erfüllend ist, als würde man in die Weiten des im Weltalls treiben um dort in der Epiphanie zu transzendentieren.
Texas is Sinking agiert später ähnlich, nur weltlicher, wenn man so will: Die Synthies haben eine liebliche süßlichkeit und zeigen wie Trhä ohne groteske Absurdität kleistern könnten, bevor erst eine kasteiende Zuversicht geduldig repetiert wird, Hellish Form die Palette lüften, und dann von einer Primitive Man-artigen Hölle der hässlichen Bösartigkeit in umso erhebender thronende Gefilde aufsteigen, die Extreme als triumphierende Paraden ausloten. Keine der 16 Minuten ist verschwendet, was so auch für Transfigure gilt – selbst wenn die Nummer hinten raus ein klein wenig mäandert, die letzten Meter entwicklungstechnisch stagnieren und letztendlich ein Fade Out den nur bedingt elegantesten Ausweg nimmt. Schließlich vermisst das Album alleine hier ansonsten vom pastoral-sakralen Einstieg samt modrigen Funeral-Growls von Ryan die malerische Spannweite von grungigen Thou bis zu melodramatischen My Dying Bride.
Pink Tears als mit Abstand kürzeste Nummer ist danach der versöhnlich leidende Epilog, der in weicher Harmonie sinniert, den Synth als Klavier in der nachdenklichen Schwere schweben lässt, und eine alternative Realität der 80er erträumt, um Deathless als Gesamtes abzurunden. Dass dabei stets der Eindruck mitschwingt, dass das Duo weiterhin nicht an seinem Leistungslimit agiert, kann und muß als zusätzliches Lob verstanden werden.
Kommentieren