Hellish Form – Remains

von am 17. August 2021 in Album

Hellish Form – Remains

Doom und Sludge mit dem gewissen Etwas: Hellish Form sind mit Remains endgültig kein Methadonprogramm für Keeper und Body Void mehr, sondern eine essentielle Spielwiese zwischen (flotteren) Khanate und This Mortal Coil.

Willow Ryan (von Body Void oder Atone – hier für Guitar, Synths, Vocals, Lyrics zuständig) und Jacob Lee (sonst unter anderem bei Keeper oder Elder Devil beschäftigt, zeichnet für Guitar, Bass, Vocals, Mixing verantwortlich) haben mit dem Hellish Form-Debütalbum Remains ein Jahr nach dem Einstand MMXX eine eigenständige Persönlichkeit gefunden, indem sie den von ihren bisherigen Stammbands zu erwartenden Sludge und Doom Metal mit assimilierten Texturen anreichern, die aus dem Ethereal Wave und Dreampop entliehen sind.
Eine auf dem Papier vielleicht groteske Alchemie, die über vier Songs und knapp 45 Minuten jedoch eine inspirierende Symbiose bietet: ästhetisch ambitioniert und originär ist Remains, kein Gimmick bedienend, sondern mit hungriger Performance und schlüssigem Songwriting eine gefühlte Neulandvermessung ermöglichend.

Your Grave Becomes a Garden mag also relativ überraschungsarm als betont kompetente, karge Hässlichkeit im zähflüssigen Morast beginnen, hasserfüllt eklektisch den Nihilismus ausgespeiend – bis nach  10 Minuten eine heroische Majestät über die Riffs artikuliert wird, die tatsächlich an Pallbearer denken lässt, bevor am Ende die bis dahin subtilen Synthies elaboriert schimmern, und der Status Quo von Hellish Form etabliert ist.
Derart blüht Ache schnell auf, ist (Funeral) Doom in Reinform, aber mit der kristallinen Neon-Patina von Blade Runner versehen. Lee und Ryan baden in funkelnder Schönheit, nehmen sich zurück und tragen nie zu dick auf, erschaffen eine seltsame Wärme in der Zeitlupenaufnahmen-Heaviness, eine sehnsüchtige Grandezza. Die archaische Schwere von Shadows With Teeth wird mit Bell Witch‘esker Eleganz und Melancholie schraffiert, die Arrangements wirken wie verträumte Streicherwelten. Another World beginnt dagegen wie Primitive Man, die Synthies addieren ein Goth-Flair und die ohnedies so markant von Hellish Form forcierten melodischen Aspekte strahlen hier förmlich in einer Romantik, die vielleicht vom jüngsten The Cure-Cover übrig geblieben ist.

Irgendwann flimmern die Synthies unorthodox hibbelig blinekend und das Schlagzeug stampft zu einer erbenden cinematographischen Wirkung, wie im Abspann eines retrofuturistischen versöhnlichen Blockbusters, dessen erhebende Kraft auch anhält, wenn Hellish Form längst auf einem Podest schwelgen.
Dass das Songwriting im Verlauf der gesamten Platte strukturell gesehen noch an der einen oder anderen Kinderkrankheit zu knabbern hat, kompositorisch nach dieser für eine Talentprobe bereits viel zu komplett auftretenden Kür ohnedies noch formvollendende Luft nach oben ist, ist da angesichts einer latenten Euphorie vorerst regelrecht egal: Remains könnte ein beinahe aufregender Impuls für das Genre sein, sicher aber schon jetzt das wohl stärkste Debütalbum dieser stilistischen Ausrichtung im laufenden Jahrgang.

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