Higher Power – 27 Miles Underwater

von am 20. Februar 2020 in Album

Higher Power – 27 Miles Underwater

Drei Jahre nach dem Debüt Soul Structure greifen die Briten von Higher Power nun für Roadrunner Records nach den großen aus der Zeit gefallenen Hardcore-Sternen. Die Referenzschleuder 27 Miles Underwater kann allerdings weder das hauseigene Niveau halten, noch zu den Labelkollegen von Turnstile aufschließen.

Wie auch Time & Space (2018) ist 27 Miles Underwater gewissermaßen eine ästhetische Zitatesammlung, die allerdings von Post Hardcore bis zum Nu Metal durch die 90er wildernd alles mitzunehmen versucht hat, was Snapcase, Far oder Quicksand vorbereitet haben – Higher Power stufen zudem offensichtlich wohl tatsächlich den Deftones-Einstand Adrenaline als Nonplusultra ein (und kopieren freilich dennoch auch aus späteren Karrierephasen).
Dass Sänger Jimmy Wizard dabei zwischen eingängig gemeinten cleaned Parts und bemühtem Geschrei wie eine angestrengt quäkende Schnittmenge aus Ozzy und Perrry Farrell klingt, passt da durchaus zur eklektischen Abfahrt.
Einzig: 27 Miles Underwater kommt dabei nicht über den mediokren Aufguss hinaus, weil die Substanz der Platte weder als Hommage, noch als eigenständiger Tribut stimmt.

Und das, obwohl sich Higher Power an sich durchaus adäquat an die neuen Gegebenheiten – größeres Publikum und Label, prominente Befürworter und dazu die cleane, viel zu brave Produktion von Gil Norton – anpassen: nur der Einstieg mit Seamless und Shedding Skin sowie hinten raus Self-Rendered: Lost fügen sich noch wirklich als Fortsetzung von Soul Structure an das Debüt an, gehören ausgerechnet in dieser Retro-Hardcoreschiene aber zum schwächsten, was die Band je fabriziert hat. Der so vorhersehbare, unsagbar ermüdende Wechsel aus Riff- und Groove-orientiert zum Pit gehenden Strophen und melodisch gestikulierend ausgebremsten Refrains zieht enorm an den Nerven und lässt schon eingangs das Interesse an der Platte abstumpfen.
Dass Higher Power das Spektrum danach doch deutlicher zum Alternative Rock verschieben, strukturell variabler werden und sich um Nuancen weniger eklatant – oder eher: weniger penetrant – aus dem formelhaften Baukasten bedienen, steht 27 Miles Underwater deswegen (puristengiftig) grundsätzlich überraschend gut. Allerdings kann das Songwriting auch diese Gewichtsverschiebung nicht stemmen.

27 Miles Underwater reiht seine austauschbaren Hooks und aufgewärmten Riffs gar nicht unbedingt schlecht, aber so gleichförmig aneinander, lässt alle Energie in einer latenten Belanglosigkeit verpuffen. Kaum etwas sticht aus dem Gesamtgefüge heraus. Das episch skizzierte Solo in King of My Domain etwa, oder das balladeske In the Meantime – selbst wenn Higher Power hier gerne die Verbindung von Alice In Chains zu Incubus gefunden hätten, letztendlich aber nur wie eine DMA’s-B-Seite liefern.
So verschwimmt 27 Miles Underwater in einem soliden Autopilot, der für ältere Generationen wohl primär über die Nostalgie-Schiene zünden kann, bei Neuankömmlingen zumindest nicht die Bürde stemmen muß, sich dem ständigen Vergleich mit den Pate stehenden Vorbildern ausgesetzt zu fühlen – deren Schaffen Higher Power dann auch nichts essentielles oder unbedingt inspiriertes hinzuzufügen haben.
Für alle Pateien funktioniert das Material von 27 Miles Underwater deswegen eventuell am besten, wenn man sich einzelne Passagen wie das flotte Staring at the Sun oder das engagiert durch seine Tempowechsel mäandernde Drag the Line selektiv aus dem Kontext pickt, und ohne auf Durchzug schalten zu müssen durchaus ein wenig Spaß an konzentrierteren Dosen von Higher Power hat.

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