Hurray For The Riff Raff – The Past is Still Alive

von am 15. März 2024 in Album

Hurray For The Riff Raff – The Past is Still Alive

Zugänglicher und konventioneller, auch schöngeistiger und angenehmer zu konsumieren: das neunte Hurray for the Riff Raff-Album The Past is Still Alive lädt mit seinem Alt Country- und Americana-Sound herzlich ein.

Dabei der Nachfolger des ebenfalls kaum prätentiösen Life on Earth von 2019 im Nachhall vom Tod von Alynda Segarra Vater eigentlich eine Platte der Trauerarbeit geworden: Motive der rastlosen Wurzelsuche, verstreichender Zeit und der Einsamkeit Hinterbliebener, Erinnerungen und die Reibung aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bestimmen den Inhalt. In Verbindung mit der grazilen Rustikalität der Musik und der melodiesorgsam zugänglichen Eleganz des Songwritings wirkt The Past is Still Alive so nicht nur auf unspektakuläre Weise ein bisschen weise, nein, die tröstende Nostalgie und optimistische Melancholie der persönlich und intim nach innen gerichtete Blick funktioniert auf emotionaler Ebene auch unmittelbarer, als es einige der kunstvoller angelegten Alben von Hurray for the Riff Raff tun.

Mit der Unterstützung von unter anderen Mike Mogis, Conor Oberst (der im Aus der Zeit schwofenden The World Is Dangerous zum romantischen Duett antritt: „Your dreams are not your dreams/ They’re only visions of what you need/ You’re not the person you thought you’d be/ But I still love you“) Brad Cook, Phil Cook oder S.G. Goodman geben sich die Ohrwürmer jedenfalls die Klinke in die Hand.
Alibi als unaufgeregter Folk Rock mit sanftem Americana-Hang, hoffnungsvoll schimmernd, warm und weich, während das bittersüß plätschernde Schunkeln von Buffalo direkt in die Arme von Big Thief führt und Hawkmoon als feine Single ruppiger angetrieben wird. Colossus of Roads läuft zuversichtlich und sehnsüchtig „Of the night, baby, of the night“ und das smooth tänzelnde Snakeplant (The Past Is Still Alive) gönnt sich als On-The-Road-Instant-Herzensangelegenheit bräsige Arrangements in der Aufbruchstimmung mit dem Blick zurück: „I’d kiss your lips, I’d hold your hands, oh/ Maybe we could dance again, well/ I was young when I left home/ I never stopped running, used to think I was alone/ But nothing will stop me now.

Auch Vetiver zieht dem offenen Horizont zurückgelehnt entgegen und lässt die Gitarren heulen („It’s all in the past, but the past is still alive/ The root of me lives in the ballast by the mainline“) derweil Hourglass traurig mit Besen, Violine und Klavier winterlich schlurft, schwelgend traurig und liebevoll schön. Und bevor Kiko Forever als launiges Jazz-Sample Outro verabschiedet, fasert Ogallala gemütlich zum Jam-Ansatz aus und suhlt sich fast verstörend angenehm im Pessimismus: „I used to think I was born into the wrong generation/ But now I know I made it right on time/ …./ To watch the world burn/ With a tear in my eye/ I’m right on time“.
Mit einem milde lächelnden Klos im Hals fällt nur das zu abrupt beendete Dynamo (mit seinem federnden Schlagzeug, der folkigen Luftigkeit und poppigen Niedlichkeit) ein wenig zu lang, zu monoton laufend und deplatziert im Gesamtgefüge ab.

Ungeachtet dieses kleinen Schönheitsfehlers war es auch hier gefühlt noch nie so einfach, sich in eine solch flächendeckenden Masse an Songs von Hurray for the Riff Raff zu verlieben. Dass die Zeit dabei womöglich weniger zu entdecken bereit hält, und sich The Past is Still Alive schneller abnutzen könnte als seine Vorgängerwerke, steht dabei augenscheinlich nicht zwangsläufig zu befürchten: das klare Plus an simplizistischer Zugänglichkeit verleiht den Songs von Alynda Segarra eine regelrecht universelle einnehmende Vertrautheit, dessen Essenz wie eine Schulter zum Anlehnen abholt: „It’s been a lonely year/ Everyone left, but I’m still right here/ I won’t desert you when times get rough/ Tell the bartender when you’ve had enough/ It’s not the same/ It’s getting better/ It’s been a change in the weather/ It feels so extreme.

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