Jeff Goldblum & The Mildred Snitzer Orchestra – The Capitol Studios Sessions

von am 16. November 2018 in Livealbum

Jeff Goldblum & The Mildred Snitzer Orchestra – The Capitol Studios Sessions

Ein Grund mehr, Jeff Goldblum zu Füßen zu liegen: Mit seiner potenten Jazzkombo, dem Mildred Snizer Orchestra, hat der 66 Jährige Hollywoodstar unter dem Banner The Capitol Studios Sessions eine liebenswerte Platte voller toller, massentauglicher Standards aus dem Great American Songbook eingespielt.

Man kennt derartige Ambitionen zur multimedialen Karriere ja längst von Kollegen wie Hugh Laurie, der seine Liebe zum Blues immer wieder professionell zelebriert, Country-Träumer Jeff Bridges oder aber vor allem der gefühlten Blaupause eines jeden vom Film zum Jazz schielenden-Allrounders, Woody Allen. Passenderweise war es auch überhaupt erst der Stadtneurotiker, der gewissermaßen den Anstoß gab, damit der seit Kindertagen klimpernde Goldblum sein Pianospiel endgültig zu mehr als einer heimlichen Leidenschaft machte: „Er ist einer der Gründe, weshalb wir diese Band gegründet haben. Ich habe früher manchmal mit Peter Weller gejammt, er spielt Trompete… (…)Peter drehte einen Film mit Woody Allen und erzählte ihm von unseren Jams. Woody Allen sagte: (…) Ihr solltet es so machen wie ich und euch eine wöchentliche Auftrittsmöglichkeit besorgen. Dann werdet ihr besser. So gesehen, ist Woody Allen schuld an allemerklärt Goldblum die Anfänge seines Quasi-Orchesters – übrigens benannt nach einer alten Freundin der Familie.

Nachdem Jeff „The Man of Style“ Goldblum deswegen also seit knapp 3 Jahrzehnten regelmäßig auf der Bühne steht, ging es unlängst jedoch Schlag auf Schlag zum Plattenvertrag: „Die Verantwortlichen von Decca Records sahen meinen Auftritt in der Fernsehshow von Graham Norton, in der ich den Sänger Porter Live bei „Mona Lisa“ am Klavier begleitete. Eigentlich war ich ja in der Sendung, um für „Thor: Tag der Entscheidung“ die Werbetrommel zu rühren. Da entstand die Idee, ein Album aufzunehmen.
Und weiter: „Ich lud die Leute von der Plattenfirma zu meiner wöchentlichen Show ins The Rockwell Table & Stage ein, die ich jeden Mittwoch in Los Angeles mache, wenn ich nicht arbeite. Die Plattenleute sahen sich das jedenfalls an und brachten mich mit dem Produzenten Larry Klein in Verbindung. Er sagte: Ihr Jungs macht da wirklich etwas Besonderes, das ist echter Jazz, aber es erinnert mich an die Zeiten, als Jazzkonzerte gesellschaftliche Events waren, zu denen man ging, um Spaß zu haben. Wir haben versucht, den Geist der Shows im Rockwell heraufzubeschwören und die Capitol Studios in einen Club mit Live-Publikum verwandelt.

Spaß ist dann auch ein wichtiges Schlüsselwort, um die Spontanität und ungezwungende Lockerheit der 14 versammelten Tracks zu umschreiben, die sich schmeichelweich mit extrem viel Gefühl in eleganter Stimmung ausbreiten. Derart unorthodox wie die Begleitung von Porter seinerzeit muss The Capitol Studios Sessions dann auch selten bis nie geraten – es geht darum, dem Publikum mit einer Riege an Crowd Pleasern kurzweilig Freude zu bereiten.
Viel eher hält sich Goldblum als dezenter Impulsgeber deswegen meist unauffällig-mannschaftsdienlich zurück und fügt sich fabelhaft in das mitunter virtuose, technisch makellose Musikerkollektiv um ihn herum, schnappt sich hier und da das Mikrofon und führt von leger groovenden Cantaloupe Island (das alle an Bord holen könnte, dem etwa The Nels Cline 4 zu avantgardistisch agieren) so bisweilen auch als nonchalanter Entertainer durch einen beherzten Abend, der sich ideal als kultivierter Score für brave Abende mit Weinbegleitung eignet.
Dabei glänzt dann immer wieder die herausragende Performance von Gast-Trompeter Till Brönner (wie tröstend-wundervoll ist bitte alleine It Never Entered My Mind geraten?), umgarnt die betont neckisch hervorragend mit Goldblum harmonierende Ex-American Idol-Stimmwandlerin Haley Reinhard als Aushängeschild der Platte oder liefert die dezidiert seriös gstikulierende Imelda May als stilvolle Sängerin zielführend in dem von Klein herrlich schummrig-warm konservierten Klang ab, dessen Atmosphäre nur die pausenbedingetn Fade-Outs zwischen den einzelnen Nummern ein wenig die Stimmung abwürgen.

Ob es zudem tatsächlich auch notwendig war auch der bisweilen arg schrill trillierenden Sarah Silverman eine Bühne zu bieten, klärt sich dann polarisierend ganz von selbst. Immerhin steht fest, dass gerade ihre über die Stränge schlagende, hemmungslose Performance im Duett Me and My Shadow unbequemen Charakter zeigt und damit für  nachhallende Eigenwilligkeit an einem ansonsten betont auf smoothe Bekömmlichkeit achtenden, sehr gepflegten Jazzabend sorgt. Außerdem animiert sie Goldblum dazu, die amüsantesten Parts der Aufnahme zu improvisieren und bis in den Jurassic Park zu schielen.
Gerade derartig unperfekte Szenen lassen dann auch übersehen, dass The Capitol Studios Sessions ohne das immer wieder spürbare Charisma das prominenten Bandleaders wohl nicht derart viel Aufmerksamkeit bekäme, ohne die Gastbeiträge eine solide Platte unter vielen wäre. Immerhin ist der Mitschnitt in seiner Substanz stilistisch weitestgehend wenig originär, lehnt sich mit Ausnahme freierer Annäherungen wie in Caravan kaum aus dem generischen Easy Listening-Fenster und lässt wahrhaftige Szene-Experten insofern eventuell wohl ein wenig die Nase rümpfen.
Man kann derartige Aspekte kritisch betrachten, oder sich aber auch einfach in diese rundum zielführende, weil so angenehm zu konsumierende Genre-Platte voller fein groovender Skills und gefinkelter Chops fallen lassen, den niemals herausforderden Unterhaltungswert goutieren und von einer Form des Jazz angefixt werden, die für alle greifbar sein will. Spätestens im Weihnachtsgeschäft wird The Capitol Studios Sessions deswegen zu einer Platte werden, zu der man unverbindlich zurückkehren wird – aktuell staubt sie alleine schon mit dem Jeff Goldblum-Bonus ab.

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