Liberate – The Tide

von am 22. August 2024 in EP

Liberate – The Tide

Liberate haben (zumindest aktuell noch) eine Online-Präsenz, die im Verbund mit der Namenswahl der Band zur Verzweiflung treiben kann. Daran, dass das New Yorker Quintett mit seiner Debüt EP The Tide durch die Decke gehen müsste, sollte dieser Umstand aber nichts ändern.

Das liegt daran, dass der metallische Hardcore von Chris Harding, Gianni Grecco, John Puccini, Justin Harding und Patricio Noles in seiner harschen, rohen Gewaltbereitschaft den Moshpits von Vein.fm, Converge, Botch, Coalesce, Nails oder Kublai Khan TX gleichermaßen Anknüpfungspunkte bietet – und mit einem produktionstechnisch latent anachronistisch aus der Vergangenheit gefallenen, ungeschliffenen 90er-Sound auch ideal den Zeitgeist trifft.
Ohne die entsprechenden Songs wäre diese stilistische verortung und ästhetische Frontenzug freilich wenig(er) wert, doch wiegen Liberate einen gewissen Eklektizismus (samt der nicht unbedingt voll entwickelten eigenen Handschrift) mit einer absolut mitreißenden Energie in der Performance auf: The Tide attackiert mit der Tür ins Haus fallend, verliert niemals seine Spannung und brutale Intensität, packt und zündet euphorisch die Fäuste ballend.

Das repetitive Intro bereitet mit seinen Groove Metal-Tendenzen die archaische, schnörkellose Physis der Platte vor, Persist keift und faucht und brüllt über einer tiefen Kaskade aus fiesem Riffs, bis die Nackenmuskeln explodieren. Diese Band ist hungrig, energisch und so verdammt effektiv auf den Punkt kommend: man stachelt an und treibt das Adrenalin voran, blinder Hass ist das aber nicht.
Das stürmische Lowlife rackert in einem derart unermüdlichen Zug in purer aggressiver Foem und der Titelsong scheppert ungeschönt: zur Mitte hin würde man fast auf den Einsatz von Scratches wetten, doch stattdessen planiert die Double Bass, provoziert die Extreme immer weiter, um stoisch zu walzen.
Über allem steht aber das chaotischer angelegte Predicament of The Wretched mit seinen unberechenbaren Panik-Schikanen, unerbittlich heavy und wendig moshend – den allgegenwärtigen Math-Faktor markant nach oben schraubend. Während sich Liberate vorerst also nur auf Bandcamp und Instagram finden lassen, reicht eigentlich alleine dieser Höhepunkt der insgesamt die 13 Minuten von The Tide praktisch aus, um einen veritablen Hype unabdinglich zu machen: Liberate haben hier einen Einstand aufgenommen, der gut und gerne als vergessenes Thrustkill-Juwel durchgehen könnte.

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