Masters of Reality – The Archer

Chris Goss muss mit dem ersten Masters of Reality–Album seit Pine / Cross Dover vor 16 Jahren niemandem mehr etwas beweisen. Dieser Umstand verleiht The Archer eine entspannt seiner Vielseitigkeit fröhnende Leichtigkeit, verweigert der Platte aber auch die nötige Konsequenz.
Mit seinen alten Kumpels Alain Johannes, Schlagzeuger John Leamy und Bassisten Paul Powell eingespielt, gefällt sich The Archer als inhomogenes Sammelsurium stets solider, aber niemals herausragender Songs. Wer also, nach dem schon eher unterwältigenden Vorgängeralben die Masters-Diskografie bis inklusive Deep in the Hole (oder mit einigem Wohlwollen sogar noch Give Us Barabbas) als qualitativen Maßstab heranzieht, könnte (gerade nach der langen Wartezeit) eine gewisse Enttäuschung zu ertragen haben.
Soviel vorab zu einem ausfallfreien Comeback, das jedoch ansatzlos mit seinem kurzweiligen Abwechslungsreichtum und Flair gefällt.
Da schunkeln das gemütliche, leicht psychedelische Titelstück oder das weich und bittersüß säuselnde, auf liebenswürdig schunkelnde Weise unscheinbar bleibende Sugar mit Acoustic-Flair im Folkrock, derweil Goss anderswo seine Liebe zu David Bowie pflegt: in der knubbelig-funkigen, fast poppig rockenden Lockerungsübung I Had a Dream nahe der saloppen Ausgelassenheit etwa, oder dem mit 80er Disco-Ambiente durch die Würste immer deutlicher – weil den Weirdo-Faktor forcierend – zu frühen Queens stapfenden Mr. Tap n‘ Go.
Überhaupt lässt sich der 66 jährige Goss in einem gelungenen, aber eben nicht begeisternden Potpourri der Assoziationen und Referenzen auf keine klare Linie festnageln. Das bluesige Chicken Little schleicht sinister im Noir-Flair mit der typischen Goss-Lethargie, gönnt sich aber ein cooles Gitarrensolo, und das komplett aus der Zeit gefallene Barstow blüht aus dem 70s-Minimalismus subtil auf, wobei es sich am Art Pop, Neil Young, Todd Rundgren und Pink Floyd gleichermaßen bedient. Die Singer-Songwriter-Apathie Powder Man bekommt soulige Choral-Texturen hinter dem genügsameren Duo aus Gesang und Gitarre, der gediegene Rock von It All Comes Back to You gibt sich im catchy Singalong gelöst und Bible Head flaniert funky schwelgend.
Was eh alles gut gelungen ist, aber eben – zumal an den hauseigenen Standards gemessen – auch nicht mehr. Die wirklich starken Hooks und Melodien fehlen, geniale Momente stellen sich in der unaufgeregten Zeitlosigkeit und abgeklärten Klasse nicht ein. Der eigentliche – und auf ein Problem mit der eigenen Erwartungshaltung hinweisende – Clou ist insofern allerdings, dass das unprätentiöse, unaufdringlich stets gut nebenher laufende The Archer dennoch nicht unzufrieden entlässt.
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