Mike Krol – Power Chords

Breakup-Dramen sind eigentlich gar nicht die ausgelassen fröhliche Angelegenheit für Mike Krol, nach der er sie klingen lässt. Auch auf Power Chords ist er allerdings noch einmal mit einem blauen Auge ausgestiegen und kann deswegen elf entwaffnend schmissige Ohrwürmer aus dem Handgelenk schütteln.
Nein, großartige evolutionäre Entwicklungsschritte oder stilistische Umbrüche darf man insofern vom Kalifornier auch auf seinem vierten Studioalbum nicht erwarten, obwohl die Songs plötzlich nahezu doppelt so lange sind, wie bisher – und (leider) auch gefälliger.
Der Vorstand und Team Krol tut auf Power Chords, was es bereits auf I Hate Jazz, Trust Fund sowie Turkey tat, vielleicht sogar paradoxerweise eine Spur gezielter und zweckdienlicher auf den Punkt findend. Also die Fuzz-Verstärker möglichst weit aufdrehen, bis der LoFi-Powerpop mit genug muskulös bratzender Distortion aus der Garage kommt, damit die Lieblichkeit nicht kitschig, sondern angriffslustig und roh klingt; und der schrammelnde Rock im Flirt mit dem Noise (auch, wenn das Coverartwork anderes erzählt) nicht zur Schlägerei führt, sondern kratzbürstige Finten höchstens ein paar Synthieanstriche und Handclaps als Mobilar mitnehmen, alles im Pseudo-Lo-Fi übersteuern darf, so lange nichts an Form verliert.
Ganz so also, als hätte Ty Segall-Intimus Mikal Cronin die Frühphase der Thermals über den kleinsten gemeinsamen Nenner mit Weezer auf eine simplizistische Formel herabgebrochen, die Beach-Party mit Thee Oh Sees und Wavves mit ordentlich Feuer unterm Hintern angezettelt, um sich möglichst catchy über Beziehungstress und Existenzkrisen auszutauschen. Mit latenter In-die-Fresse-Attitüde, versteht sich.
Das bedeutet zwar auch bis zu einem gewissen Grad, dass – selbst, wenn beispielsweise Blue and Pink das Tempo ein bisschen souliger herausnimmt, bis es doch davonzieht, oder das behände stacksende Arrow in My Heart die Körperspannung des flüchtigen Nothing to Yell About mit einer gewissen Heavyness übernimmt – im Grunde alle Songs von Power Chords nach dem symptomatisch betitelten Titelsong-Opener in Variationen bereits bekannt scheinen.
Aber verdammt, was gelingen Krol da (gerade in der ersten Hälfte) abermals für extrem schmissige Hooks und gepflegte Melodien, was für zündende Refrains zum Reinschmeißen und davon enthusiastisch mitreißen lassen. Potente Singlekandidaten reihen sich praktisch ohne Atempause aneinander, catchy Ohrwürmer wie das starke An Ambulance, Little Drama oder Wasted Memory klingen intuitiv und energiegeladen, motiviert und packend, zünden sofort. Dass ausgerechnet das dezent lahmende What’s the Rhythm der Vorzeige-Hit der Platte geworden ist – eigentlich eine Roulette-Entscheidung.
Was auf den ersten Blick wegen einer gewissen Konventionalität kaum spektakulär anmuten muss und auf den zweiten wirkt, als könnte es sich verdammt schnell erschöpfen, zeigt spätestens beim dritten zudem Charakter und Herz. Power Chords ist einfach gehalten, aber keineswegs eindimensional, eher zeitlos unkompliziert. Diese 34 Minuten vergehen im funkensprühenden Rausch, sind ansteckend und machen süchtig, gerade mit der richtigen Lautstärke. Deswegen braucht man vorerst auch gar keinen Gedanken daran verschwenden, wieviel davon bleibt, wenn das Adrenalin erst einmal zurückgefahren ist, der geplatzte Knöchel schmerzt, das Veilchen auszulaufenbeginnt und die Kopfschmerzen einsetzen: Diese Katharsis macht trotz allem Spaß, wenn auch irgendwann nur noch nebenbei.
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