Razorlight – Olympus Sleeping

von am 14. November 2018 in Album

Razorlight – Olympus Sleeping

Unglaublich, aber wahr: Ein ganzes Jahrzehnt nach Slipway Fires – und immerhin ein halbes nach dem damals ziemlich beschissenen, heute vollkommen vergessenen Solodebüt Borrell1 – kriegen Razorlight tatsächlich doch noch einmal die Kurve und legen mit Olympus Sleeping den gefühlten Nachfolger zum furiosen Einstand Up All Night vor.

Für griffige Aufhänger war Johnny Borrell ja meistens gut, die vierte Platte seiner nach der gescheiterten Weltherrschaft in der Versenkung verschwundenen Band lässt er entsprechend mit einer erfrischenden Selbstironie durch den gut zitierbaren Zyniker Adam Green beginnen: „Genie? This is Aladdin. Print me a Razorlight album that doesn’t totally suck„.
Ein Wunsch, der in den kommenden 35 Minuten praktisch ausfallfrei in Erfüllung gehen soll. Zweieinhalb stilistische Schritte zurück erweisen sich für Razorlight nämlich als Weg in die absolut richtige Richtung: Ein entschlackterer Sound samt Fokus auf die Libertines‚esken Indie-Rock’n’Roll-Wurzeln der 00er-Band betonen die ursprünglichen Stärken der Engländer, positioniert Olympus Sleeping klar in die Nähe des straighten Debüts.

Auch wenn das Comeback dabei im direkten Vergleich zu [amazon_link id=“B0004FSD9G“ target=“_blank“ ]Up All Night[/amazon_link] eher wie eine kurzweilige Abfolge an rundum gelungenen, etwas mediokren B-Seiten im Gegenüber zu einer auch heute noch unverbrauchten Schleuder  an Hits und Killersingles wirkt. Razorlight überzeugen 2018 aber eben auch zu einem Gutteil mehr durch den gelungenen Überraschungseffekt, die schnörkellose Ästhetik und kompakte Ambition, als durch tatsächlich nachhaltiges Songwriting per se: Ob man zu dieser Platte rückblickend oft zurückkehren wird, wird sich erst zeigen müssen, darf aber bezweifelt werden.
Restlos mitreißende, tatsächlich herausragende Instant-Hits wollen schließlich diesmal nicht gelingen, müssen aber auch nicht unbedingt. Wo manche der leicht zu durchschauenden Nummern zwar allgemein zu beliebig um nette Melodien schwänzeln und hier und da Gefahr laufen, in die Gefälligkeit abzudriften, gerade die Refrains das definitiv vorhandene PS-Potential nicht konsequent genug auf den Boden bringen, und es grundlegend an den unbedingt euphorisierenden Ecken und Kanten mangelt, ist Olympus Sleeping ohnedies generell eher eine Platte, die das Momentum nutzen will, ohne Fett und unnötiges Gewicht den Fokus stark eingestellt hat, um nicht auf Nachhaltigkeit zu achten – und damit rundum solide fährt.

Immerhin klingt die Rückbesinnung zu keinen Zeitpunkt kalkuliert oder ermüdend uninspiriert, sondern transportiert über eine revitalisierte Ausstrahlung durchaus authentische Substanz in Form solider Genrenummern mit charismatischer Stimme.
Der schrammelnde Rock von Got to Let the Good Times Back into Your Life folgt seinem Titel gerade im Chorus optimistisch und überschwänglich, während der impulsive Sprinter Good Night kaum mehr als 90 Sekunden braucht, um seine punkigen Energien abzubauen, und das energisch aufs Gaspedal tretende, dann immer sehnsüchtiger seine Leidenschaft suchende Japanrock so auch von den Vaccines stammen könnte. Das unverfängliche Midsummer Girl könnte hingegen beinahe für nostalgische Zufriedenheit beim innersten Kern der Fanbasis sorgen, würden Borrell und Co. nicht derart motiviert stampfen. Der Titelsong transpiriert dann Hingabe und City of Women luftige Lockerheit mit Synth-Subtilität, bevor No Answers unaufgeregt schwelgt und das balladesk zurückgenommene Iceman Humor und Romantik auspackt: „Yeah I sing for weddings/ I play Bar Mitzvahs too/ Yeah I dance for everyone/ But I only talk to you„.
In Razorchild adaptiert das Quartett dagegen geradezu frech Prove it von Television in zackiger, aber ohne Biss im Chorus,  für das unkomplizierte Brighton Pier kann die munter polternde Rhythmussektion um den voll durchängenden Bass noch so schmissig mit schneidig darum herum tänzelnden Gitarren, Orgel und Bläsern auffahren – da springt der Funke einfach nicht so ausgelassen über, wie angepeilt. Sorry? lebt eher von seinem Spector/50s-Flair als von zwingenden Hooks  Und ob Carry Yourself tatsächlich derart im Disco-Fahrwasser der Wombats wildern hätte müssen, bleibt offen. Vielleicht genügt all das (wegen dem doch spürbaren Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Problem einer nüchtern betrachtet mediokren, subjektiv aber rundum erfreulichen Platte, der nur wenig zur nächsthöheren Aufwertung bei der anstehenden Punktevergabe fehlt) noch nicht zur vollständigen Rehabilitation. Aber zumindest zwei Wünsche hat Aladdin Green ja noch über.

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