Romeo Blu – Jordan’s Bed

Carson Cox hat Merchandise nach den drei Raritäten-Compilations What I Wanted, Gone Are the Silk Gardens of Youth und Desire In The Mouth Of Dogs wohl endgültig zu den Akten gelegt. Das bietet Zeit und Raum, um mit Romeo Blu auf der Jordan’s Bed EP in die Zukunft – also die Vergangenheit – zu blicken.
„I’ve decided to share with y’all this project I’ve been sitting on for a looong time …. These two tracks (among many others I hope to also release) have been kicking around my project list for at least 10 years. They never seemed to fit in with Merchandise or my other projects so I put them into an entirely new entity. I have a hard time making “genre music” other than punk and never really could validate releasing it as legitimate or something dumb. 2020 is the great equalizer. It’s pushing me to share more which isn’t that easy for me.“
Nach Bands wie Church Whip, Coca Leaf, Dads, Neon Blud und eben Merchandise oder Veröffentlichungen ohne Alias startet Cox mit Romeo Blu nun also ein neues Projekt, die Perspektive bleibt dafür wie bei seiner prominentesten Stamm-Plattform in einer Version der 80er verhaftet, die dem Mann aus Florida jenseits des Noisepunk einfach längst in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Weswegen er den beiden Songs einen neuen Namen aufs Banner schreibt, ist allerdings unmittelbar klar: Da ist keine Überdrehtheit, aber eine ständig eilig angetriebene Dynamik hinter den Kompositionen, während alle organische Instrumente und vor allem jede Gitarrenbegleitung aus dem Soundbild verschwunden ist, wenn das Titelstück seinen Synthpop über hibbelig-joggende Beats und modulierte Keyboard-Melodien jagt, alleine die Stimme von Cox unmittelbar willkommen heißt, in diesem zutiefst assoziativen Zeittunnel in die 80er. Das ist dicht und detailliert produziert, atmosphärisch, mit dramatisch flimmernden Finale ausgestattet und so catchy, ohne wirklich greifbar zu sein. Dass die Ästhetik nachhaltiger hängen bleibt, als die Hooks, macht aufgrund der transportierten Aufbruchstimmung kein schlechtes Bild.
Above You speist sich durch seinen sehnig und ausdauernd nach vorne pumpenden Rhythmus sowie die minimalistisch texturierte, exotisch anmutende Melodie dann sogar noch demonstrativer aus dem Erbe von Songs wie Maniac, Flashdance oder White Wedding, zeigt aber, obgleich mit der kürzeren der beiden Spielzeiten ausgestattet, eine paradoxe Erscheinung: Die treibende Sehnsucht verselbstständigt sich zu einem geradezu jammend-krautigen Rausch auf den dunkel schimmernden, eklektischen Club und entwickelt dort eine das Zeitgefühl abschüttelnde Euphorie, die sich auch zum endlosen Exzess ausdehnen könnte. Dass Cox den Sog nach knapp viereinhalb Minuten veraschiedet spricht dann vielleicht für die noch nicht restlos entwickelte Selbstsicherheit und Konsequenz, die dieses Projekt für seine volle Entfaltung bräuchte – zeigt aber auch, dass die Jordan’s Bed EP schon ein weit geschrittener Ansatz für eine vielversprechende Zukunft von Romeo Blu sein sollte.
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