Smokey Robinson – Gasms
Smokey Robinson hat mit Gasms nach Time Flies When You’re Having Fun von 2009 sein zweites „richtiges“ Solo-Studioalbum mit Originalmaterial in diesem Jahrtausend aufgenommen.
Nicht einmal seine Frau oder Tochter konnten es der 83 jährigen Legende ausreden, sein (teilweise bereits vor 20 Jahren entstandenes Material aufgreifendes) Konzeptwerk über „sex and other forms of pleasure“ mit voller kontroverser Absicht Gasms zu taufen.
„When people think of gasms, they think of orgasms first and foremost … I tell everybody: ‘Whatever your gasm is, that’s exactly what I’m talking about.’“ sagt Robinson und singt dazu Zeilen wie „Eargasms/ When I hear your voice, my eardrums start to quiver/ It’s a sexy sound, makes my love come down, and I know/ You can deliver/ Any kind of gasm on the list/ The gasms you don’t give me, I don’t think exist“ oder „I love it when we snuggle/ When you’re holdin‘ onto me/ We’re like two pieces of a puzzle/ We fit together perfectly/ We come to a meeting/ Yeah, at the perfect junction/ So close, so tight/ We need each other to fully function.“ – Romantik, Erotik und körperliche Leidenschaft gehen für die Motown-Ikone eben Hand in Hand, das ist keine Frage des Alters.
Dass die Texte insofern hinsichtlich der inhaltlichen Vielseitigkeit und Tiefe folgerichtig einen relativ überschaubaren Radius anbieten, kann man Gasms kaum vorwerfen. Dass die neun Songs über 40 kurzweilige (jedoch keinen wirklich restlos ergiebigen Gesamt-Spannungsbogen beschreitende) Minuten meistens nicht wirklich zum Punkt finden, und Smokey hinten raus stets über Gebühr gefällig begleitend noch weiter organ-zaubern lassen, obwohl kompositionell eigentlich bereits alles gesagt ist – bei der Stimme und dem Charisma ebenso egal, wie die Tatsache, dass hiermit qualitativ eher verdammt hochklassige Standards denn neue Klassiker in den Diskografie-Kanon nachrücken. Denn jede Nummer geht anmutig ins Ohr, ist catchy und geschmackvoll, anmutig arrangiert.
Vom Titelstück weg hat sich Robinson auch als Produzent einen spitze temperierten Sound auf den Leib geschneidert, der unendlich smooth Bläser, Orgeln und Backingstimmen in eine ausgewogene Balance mit seinem eigenen, so gefühlvollen Gesang bringt. In How You Make Me Feel schieben die Drums zum R&B tänzelnd mit Streichern nach vorne und das nonchalant swingende I Keep Callin‘ You könnte mit seinen relaxten Licks einen Fixplatz auf der nächsten Bilderbuch-Sommer-Playlist bekommen.
Roll Around gönnt seinen entspannt plätscherndem Soul eine supernostalgische Fernsehgarten-Mundharmonika und die sanfte Zärtlichkeit von Beside You orgelt weich in der behutsamen Zurückgenommenheit einer generell niemals überladenen Inszenierung. Nachzuhören auch ideal im aufgeräumt-reduzierten Funk von If We Don’t Have Each Other, der neben der Stimme primär auf seinen effektiven Rhythmus im pur akzentuierten Minimalismus setzt, bevor You Fill Me Up die Klavier-Ballade mit subtilem Orchester, Chor sowie angenehmen Kitsch gibt, und I Fit In There ein bisschen Disco-Flair implementiert.
Am besten ist aber ausgerechnet die auf einem ruhigen Elektropop-Beat gebaute Träumerei I Wanna Know Your Body – auf der Smokey, auch im hohen Alter, mit klarem Blick vom Cover strahlend, noch Pläne für die Zukunft offenbart: „I wanna know your body like it was my own/ If that’s alright/ Maybe one day, I might“.
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