Sylvaine – Nova

von am 16. April 2022 in Album

Sylvaine – Nova

Die vielleicht bestmögliche Kopie der ursprünglichen Tugenden von Alcest zu liefern, ist weitestgehend als Kompliment zu verstehen: Kathrine Elizabeth Shepard zaubert mit Nova das vierte Sylvaine-Album an den Himmel jenseits des Blackgaze.

Während man über die grundlegende Originalität von Sylvaine zwischen den wirklich ständig immanenten Referenzpunkten Neige (natürlich naheliegend) und Myrkur diskutieren kann, sind es jedoch ausgerechnet jene Szenen, die sich am deutlichsten dem populären Black Metal-Subgenre zuordnen lassen, die Nova weniger schmeicheln. Nachzuhören im langen Mono No Aware, das die im Rahmen des Titelsong-Openers (ein ambienter Folk-ätherischer Elfenklang, als würde Enya so mystisch, klar und anmutig ihr eigenes Everybody’s Going to the Rapture beschwören) sowie dem wirklich schier umwerfend schönen, zurückhaltend agierenden Postrock-Geplänkel-Juwel Everything Must Come to an End etablierte shoegazende Ethereal-Grandezza über weite Strecken leider nur als elegische Textur heranzieht, vordergründig jedoch mit austauschbar keifenden Blastbeats und einem markant schwurbelnden Math-Motiv als Kern-Riff ein zu generisches, solides und primär kompetentes Blackgaze-Amalgam zelebriert, dass hinter seinen offenkundigen Einflüssen jedoch austauschbar hinterherhinkt.

Sobald Sylvaine hier aber wieder in der Transzendenz ihrer grandiosen Stimme im Klargesang badet, erreicht Everything Must Come to an End sofort wider einen anderen Level – was so eben durchaus symptomatisch für die Stärken (und Schwächen) einer Platte ist, die sich ihrer eigentlichen Schokoladenseite offenbar nicht ganz bewusst ist.
Es ist nämlich schon sehr gelungen, wenn etwa Nowhere, Still Somewhere seinen ambienten Metal mit einem wundersamen Schönklang aufwiegt, oder Fortrapt wie eine verletzliche Singer-Songwriter-Fantasie in den Alternative Rock losprescht, die von keifenden Schraffuren durchzogen ist – kraftvolll gespielt und kompositionell versiert konzipiert – nur ist es umso grandioser, wenn Nova sich deutlicher auf seine verträumten, andersweltartigen Pfade in die pure Anmut konzentriert.

Wenn etwa I Close My Eyes So I Can See den Post Metal als Pop zum euphorisierenden Hit destilliert, oder eben die besagte Klammer der Platte (denn hey,  das gelungene, aber redundante Dissolution ist nicht umsonst als Bonus-Appendix gekennzeichnet!) wahrhaftig zum Niederknien geling.
Denn diese anbetungswürdige Stimme (deren Geschrei-Pendant doch merklich weniger charakteristisches Profil hat) und die imaginative Eleganz der Atmosphäre zaubern ohne den harschen, identitätsloseren und schlichtweg uninteressanteren harschen Kontrast eine Größe, die dann auch die Assoziationen dieses Viertwerks überragen könnte. Schließlich kommt es auch zum Tragen, dass Nova (trotzdem) einen super Fluss zeigt, der wunderbarere Mix der klaren Produktion akzentuiert und transparent strahlt (inszenatorisch war noch keine Platte der in den USA geborenen Norwegerin nuancierter), und die Highlights ständig so viel schwerer wiegen, als die aus der natürlichen Balance gezwungenen Szenen: Würde Sylvaine den Blackgaze gänzlich hinter sich lassen, wäre womöglich majestätisches möglich.

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