The War On Drugs – A Deeper Understanding

von am 1. September 2017 in Album

The War On Drugs – A Deeper Understanding

Tatsächlich A Deeper Understanding: Adam Granduciel forciert mit dem vierten Studioalbum weniger eine Weiterentwicklung seiner Band, als dass er vielmehr Feinjustierung im Detail am Sound von Lost in the Dream vornimmt und The War on Drugs damit noch tiefer in eine heimelige Wohlfühlzone führt.

Indem Granduciel mit A Deeper Understatement eines der Konsensalben von 2014 praktisch nur noch einmal neu aufnimmt, macht es der 38 Jährige sich selbst und kritischen Stimmen, die hier nicht ohne Grund relativ überraschungsarm das selbe eklektische Rezept wie am Vorgängerwerk recycelt hören, vielleicht eine Spur zu einfach, freilich.
Man kennt die immer noch etwas zu monoton dahinlaufenden Drumspuren; auch die Ausrichtung der zutiefst sehnsüchtigen Melodien und nostalgischen Harmonien genehmigen sich ohne schlechtes Gewissen das eine oder andere Déjà-vu. Die melancholische Klangästhtik legt wieder einen schmeichelweich(gespült) zu konsumierenden 80er-Jahre Sepiaton über angenehme Kompositionen an der fließenden Grenze aus verwaschenen Heartland Rock und psychedelisch treibenden Americana, die sich wie selbstverständlich zwischen die ewigen Säulenheiligen des Adam Granducial legen: Bob Dylan, Bruce Springsteen, Bryan Adams, Tom Petty und Mark Knopfler.
Und dennoch – nein eher: gerade deswegen! -steht am Ende der unmittelbar an der Hand nehmenden 67 minütigen Komfortzone nicht nur die Erkenntnis, dass Granduciel mit dem Da capo A Deeper Understanding alles richtig gemacht hat, sondern im Detail dann doch auch noch das wenige Optimierungspotential in Angriff genommen hat, das Lost in the Dream offen gelassen hat.

The War on Drugs destillieren eine optimistischere Grundstimmung in den Texten und arbeiten musikalisch um das Quäntchen kompakter als zuletzt, schärfen den Fokus im nach wie vor vorhandenen Bedürftnis gedankenverloren durch die eine oder andere Passage zu mäandern. A Deeper Understanding erzeugt damit ungeachtet der ausführlicheren Spielzeit weniger Längen als sein Vorgänger, folgt einer stringenteren Dynamik und kommt im Ganzen um gewichtige Nuancen schneller zum Punkt, wenn auch nicht immer zu den selben Höhepunkten.
Das erstaunlich übermütig agierende Up All Night gönnt sich als ambivalenter Opener etwa einen demonstrativ auf hibbelig getrimmt Papp-Rhythmus und eine räudig heulenden Gitarrenexzess, um den Fluss bereits zu Beginn energischer anzukurbeln.
Und auch wenn danach keiner der folgenden neun Songs so sehr damit liebäugelt aus bekannten Rastern auszubrechen, hat Granduciel mittlerweile doch merklich verinnerlicht, wie er die hypnotisierend in den Bann ziehende, patentierte Gleichförmigkeit seiner Band leicht variieren und die lose Intensität der Spannungskurve enger führen kann, ohne den trancenartig schaukelnden Wellengang von The War on Drugs ohne unnötige Aufreger aufgeben zu müssen. Der mit schimmernden Synthies ausgelegte Tunnel of Love-Hit Holding On zieht deswegen mit dezenter Wave-Schlagseite und einem Bein auf der Tanzfläche das Tempo so subtil wie gekonnt an, Nothing to Find drückt auf einem endlos im Hall verschwimmenden Highway beinahe euphorisch auf das Gaspedal und lässt die Mundharmonika heulen, während die softrockend auf zuviel Leerlauf setzende Wattierung In Chains sich in eine verhältnismäßig bombastische strahlenden Refrain ergeht.

Wo die flotten Songs in Summe dennoch schlauer im Gesamtwerk eingebettet funktionieren, quasi absolut routiniert eine gewisse Perfektion abzuliefern versuchen, sind (dem Titel der Platte ideal entsprechend) jedoch vor allem die ruhigen, sentimental in sich gehenden Stücke die eigentlichen Schätze des bisweilen majestätisch mit sich selbst im Reinen verharrenden A Deeper Understanding.
Pain ist etwa eine nachdenkliche Schönheit, die ihren dösenden Blick in den Horizont schweifen lässt und damit das tröstende Ende schwieriger Lebensphasen markieren kann. Das atemberaubend elegische Strangest Thing drückt ohne jeden Pathos eine anmutige Träne durch das Knopfloch, bevor Granduciel den Song ohne übertriebene Geste zur Hymne aufkocht und damit in eine ähnliche Kerbe schlägt, wie das bekannt epische Meisterstück Thinking of a Place. Knocked Down entschleunigt bis zum schwofenden Zeitlupenschunkeln, umgeht aber eben der Falle der plätschernden Eintönigkeit. Auch das friedfertige Clean Living benötigt keine expliziten Impulse, sondern erforscht eher ergiebig das zugrunde liegende Ambiente der Platte, bevor You Don’t Have To Go als tiefenentspanntes Kleinod mit leise verdichteter Dramatik in eine zufriedene Zukunft entlässt.
Mehr noch, als dass A Deeper Understanding eine zutiefst vorsichtige Expansion unter dem Mikroskop geworden ist, stellt das Viertwerk eben eine Übung im Feinschliff dar, eine Auslotung von erschlossenem Gebiet, die schnell Willkommen heißt, aber erst nach und nach wirklich entlohnt. Mit welch einer unaufdringlichen Leichtigkeit The War on Drugs dabei (in der richtigen Stimmungen) mittlerweile gefangen nehmen und in die Tiefe ihres Songwritings ziehen, ist deswegen vielleicht wirklich kein Spektakel und zudem stets ein wenig vorhersehbar. Allerdings wächst A Deeper Understanding in dieser gemütlicheren, weniger denn je auf eklatante Hits und markante Highlights angewisenen Positionierung als tatsächlich vertiefende Arbeit jedoch immer weiter zu einer schier endlos haltbaren Grandezza von einem Fanpleaser heran, eventuell sogar dem minimal nachhaltigeren Lost in the Dream. Wenn das also Langeweile ist, ist es wohl abermals die zeitloseste der Welt.

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