Two Gallants – The Bloom and the Blight

von am 4. September 2012 in Album

Two Gallants – The Bloom and the Blight

The Bloom and the Blight‚ ist das erste Two Gallants Album in fünf Jahren – viel eher als in zufriedener Nostalgie auf ihrer Comeback-Platte zu schwelgen, schnüren die wiedervereinigten Adam Stephens und Tyler Vogel jedoch eine immense Aufbruchsstimmung auf ihrem schnörkellosesten Werk bisher.

Das beginnt damit, dass der in den letzten Jahren unter anderem bei Devotionals an seinem Songwriterhandwerk feilende (Ausnahme-, jawohl!)Schlagzeuger Vogel auf ‚The Bloom and the Blight‚ erstmals einen „eigenen“ Song zugestanden bekommt (‚Decay‚) und endet nicht damit, dass das vierte Two Gallants Album zwar diesen Song länger dauert als seine drei Vorgänger, mit 33 Minuten aber dennoch die mit Abstand kürzeste Zeitspanne in der ganzen Albenliste des Duos abdeckt. Dementsprechend auf den Punkt gebracht ist das Songmaterial: knackiger, fokussierter und auch roher haben die beiden bisher noch nicht abgeliefert – die harten Stellen krachen nun noch rotziger daher, die weichen schmiegen sich unrasiert an. Durchgängig auf die Zwölf gehender Rock ist das diesmal, beinahe ausschließlich, mehr noch als Blues, Country oder Folk. Dass die wirklich herzzerbrechenden, ausgedehnten Momente und die breiten Geschichten nie das absolute Ausmaß etwaiger Vorgängertitel ergründen, passt nur ins Konzept: ‚The Bloom and the Blight‚ klingt in seiner Direktheit auch in den zurückgenommenen Momenten von einer purem inneren Unruhe getrieben – nur nirgends zu lange verweilen, mit Rührseligkeiten sollen sich andere aufhalten, Two Gallants wüten grantelnder denn je.

Auch drumherum geben Stephens und Vogel ihre Songs kompakter, die langen Wege um die Melodien sind diesmal nicht das ihre, das breite Instrumentarium ohnedies nicht, war es nie. Hier darf noch ein auseinanderbrechendes Piano purzeln, da die Dylaneske Two Gallants Mundharmonika geistern. Das einsame Chello samt Streicherliebelei im gallopierenden, mit breit ausholenden Refrain liebäugelnden ‚Ride Away‚ geht dennoch als bescheiden durch, weil Stephens seine flehenden Backingvocals gleich selber heult. In diesen Momenten ist Two Gallants zu hören mehr denn je wie Cormac McCarthy zu lesen, ‚Winter’s Youth‚ flirtet dagegen mit Fleet Foxes und wäre vielleicht irgendwann einmal von Johnny Cash gecovert worden, dem hätten derartige Lehrstücke über Schuld und Sühne wohl gefallen.
Immer bleibt dabei diese kehlige, fordernde Stimme vor einer attackierenden Gitarre an der Front, das scheppernde, manchmal gar brachial dumpf Richtung Metal schielend klingende Schlagzeug randaliert unmittelbar, irgendwo also immer noch zwischen White Stripes und Bright Eyes, aber näher am schweißtriefenden Pit als sonstwo. John Congleton hat jedenfalls im Soundbild ganze Arbeit geleistet. Das könnte freilich im falschen Ohr den Eindruck erwecken, Two Gallants würden hier nur Pflichtprogramm im Zeitraffer abspulen, ehe es zu einstweilen etablierten Bandprojekten und zahmen Soloausflugen zurückzukehren gilt – ein Vorwurf, dem sich die schiere Qualität der einzelnen Stücke entgegenstemmt, auch, wenn die unerbittliche Magie der ersten drei Alben nicht immer auflodern will.

Schon ‚Halycon Days‚ beißt die Sehnsucht in der Melodie aber blutig, bis aller Wehmut eine aggressiven Verzweiflung eingestehen muss – und schlechter wird es danach auch nicht mehr: ‚Song of Songs‚ perlt nur zu Beginn unschuldig, bis die Gitarre hart zupackt und das Schlagzeug ausrastet, ‚My Love Won’t Wait‚ brät nahezu von vorne bis hinten am Siedepunkt. Die archaischen, aus der Zeit und Mode gefallenen Songs aus alten Zeiten und den Staub auf den Straßen, wie hat man die vermisst, und niemand bringt diese besser als die Zwei aus San Francisco. Wenn sie einen Gang zurückschrauben (‚Broken Eyes‚) und das Lagerfeuer anzünden, tummeln sich unzählige verlorene Seelen um das Feuer, die Finsternis rundherum brennt heftiger als die Glut der knochigen Akustikgitarre. Und Hoffnung gibt es hier in den unverputzten Ritzen genug, Trost nur bedingt. Dafür ist ‚The Bloom and the Blight‚ als eindeutigste, vielleicht sogar ohne Aufwand mitreissendste Rockplatte der Band zu erbarmungslos und energisch, zu energiegeladen, zu kompakt, verdichtet und auf seine geballte Faust konzentriert. Die episch ausholenden Trademarkstücke der letzten Alben fehlen hier dabei so sehr, wie sie absolut nicht ins Konzept gepasst hätten. Two Gallants nennen ‚The Bloom and the Blight‚ nämlich ihr Grunge-Album. Damit haben sie recht. Sie könnten aber auch guten Gewissens sagen: der weniger ausufernde Gegenpol zu ‚What the Toll Tells‚, eine Rückmeldung mit Kampfansage, nicht lange um den heißen Brei fackelnd.

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