Bob Dylan – Fallen Angels

von am 21. Mai 2016 in Album

Bob Dylan – Fallen Angels

His Bobness ändert den stimmungstechnischen Grundton zwar dezent und geht weniger in die Tiefe, führt die mit Shadows in the Night begonnene Songbook-Verneigung auf Fallen Angels jedoch nahtlos fort: 12 tief in der amerikanischen Kultur verankerte Coversongs  aus der Feder von Johnny Mercer, Harold Arlen, Sammy Cahn oder Carolyn Leigh, von denen sich 11 auf Frank Sinatra als gemeinsamen Nenner und bisher populärsten Interpreten einigen können.

Bob Dylan lüftet die Gangart des Vorgängers auf Fallen Angels jedoch durch: Das 37. Album des Robert Allen Zimmerman ist weniger düster und emotional bedrückt als Shadows in the Night, dafür leichtgängiger und verträumter, verliebter. Immer genau so, als könnte man auch im strahlendsten Sommersonnenschein mehr als alles andere unergründlich sentimentale, weihnachtliche Gefühle im Herzen spüren und zutiefst romantisch zum Stehblues schwofen. Denn Fallen Angels zu hören heißt auch, sich von butterweich mit Steel Guitar, sanft gestrichenen Besenschlagzeug und sehnsüchtiger Viola performten Songs in aller Entschleunigung schmeicheln zu lassen, und von einer Atmosphäre umspült zu werden, die Nostalgie, Schwermut, und eine leise glimmernde Zufriedenheit in anachronistische Balance bringen, die im reinen mit sich selbst einer unheimlich liebenswerten Wohligkeit frönt. Melancholy Mood eben. Wahrscheinlich wollen Element of Crime im Alter auch mal genau dort hin, wo Dylan sich mittlerweile seit Tempest ausruht.

Dass Fallen Angels in dieser unspektakulären Gangart (sogar in Relation zum an sich bereits recht entspannt und demütig auftretenden Schleicher Shadows in the Night) nur zu leicht als naiv und unaufregend durch warme, mollschwangere Oldie-Verneigungen plätschernde Belanglosigkeit voller stilvoll inszenierter Langeweile aufgefasst werden kann, ist irgendwo durchaus verständlich. Denn tatsächlich platzieren sich die versammelten 38 Minuten mit viel Kitschbewusstsein und gnödelnder Altersmilde vorgetragenen Faserschmeichler wohl mit latentem Hang zur Oberflächlichkeit mühelos unweit dieser Wahrnehmung.
Letztendlich aber auch eine Frage der Erwartungshaltung. Und natürlich der Bereitschaft, sich in die stille Schönheit und Anmut dieser meisterhaft arrangierten, mit wunderbarem Raumklang produzierten und großartig auf den Punkt gespielten Granddad-„Rock“-Hintergrundbeschallungen zwischen Americana und dezentem Slowfox fallen zu lassen.

Dann entwickelt es eine wohltuend unmoderne, schlichtweg angenehm vorbeitreibende Intimität, der zutiefst versöhnlichen Stimmung von Fallen Angels zu folgen und dem Theme Time Hour-Archäologen Dylan beim „un-covern“ der durch Sinatra opulent bekannt gemachten Kompositionen zu lauschen, während Dylan eine unangestrengte Freude am croonen und geschmeidig phrasierenden Süßholz-raspeln an den Tag legt.
Fairy tales can come true/It can happen to you if you’re young at heart“ installiert gleich das eröffnende, müde auf das Leben blickende Young At Heart vollkommen unironisch, sogar ein wenig sentimental, die Grundtemperatur eines liebevollen Reigen voller friedfertiger Highlights. Polka Dots And Moonbeams tänzelt sich dann etwa erst lange Zeit warm, bevor Dylan den Song eng umschlungen nach Hause trägt. Skylark setzt wie vieles hier weniger auf intensive Leidenschaft, als auf abgeklärte Besonnenheit mit beschwingtem Lächeln, wohingegen That Old Black Magic mit dominant nach vorne gehenden Drumeinsatz die Dynamik lässig shaken lässt.
Das alles ist in Summe dann herrlich altmodische Musik voller klassichem Charme und ohne Ablaufdatum, wie frisch aus der Zeitkapsel gezogen. Eine so feinfühlige wie im besten Sinne harmlos zaubernde Liebeserklärung an eventuell ja wirklich bessere Epochen, an die man sein Herz verlieren kann, während man sanftmütig zu dösen beginnt und sich eine idyllische Zufriedenheit in die Träume schmiegt.

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