Anthony Green – Beautiful Things
Wiedergutmachung für die erschütternde Banalitätensammlung, die Anthony Green´s Solodebüt ‚Avalon‘ darstellte, gibts auf ‚Beautiful Things‘ nur stellenweise: Das Circa Survive Goldkehlchen tanzt auf dutzenden Hochzeiten und ist nirgendwo wirklich präsent.
Eine einschläfernde Ansammlung inspirationsloser Egalitäten ist das zweite Soloalbum des einstigen Saosin Mikromannes und jetzigen Circa Survive Sängers jedenfalls nicht wieder geworden. Die Abstecher zum überkandidelt romantisierten Lagerfeuer, die finden sich zwar auch auf ‚Beautiful Things‚ noch, generell strebt Green nun jedoch nach viel mehr. Die dreizehn Songs schielen in beinahe jede erdenkliche Richtung; streifen durch Pop, Country und wollen sogar irgendwie Punk sein – krepieren jedoch im Regelfalls vor der zu hohen Zielsetzung und hinterlassen damit mindestens ebenso ratlos wie es die aufgearbeiteten Bruchstücke auf ‚Avalon‚ vor zwei Jahren bereits taten.
Da heult die Gitarre zu ‚Big Mistake‚ im besten Western Stil, Green gibt dazu den extrovertierten Emo-Hillbilly und pfeift zu verschleppten Beats. Titiyo als erste Referenz? Check! ‚Blood Song‚ versucht sich in der selben Disziplin, macht seine Sache nur etwas besser, weil die kantige Roots-Gitarre ungezwungener werkelt. ‚Lullaby‚ klaut frech vom ‚The Prodical Son‚ der Two Gallants und reduziert die Melodie zur einlullenden Gefälligkeit. Raggaebeats und wabbernde Synthies gibt´s im treffend betitelten ‚When I’m On Pills‚, während ‚If You Don´t Sing‚ sich als potentielle Ausschussware von Circa Survive präsentiert. ‚Do it Right‚ verzichtet dann gleich vollends auf jegliche Instrumentierung, Green beklatscht sich selbst zu einer enervierenden Skizze eines Songs, der einzig aus angedachtem Harmoniegesang besteht. Da funktioniert sogar die Riffbaustelle ‚Can’t Have It All At Once‚ zwingender. Und dass ‚Love You No Matter What‚ vor trip-hoppigen Beats, aufgeweckter Akkustischer und geflöteten Romantik-Gesang tatsächlich hinhaut, verstehen wohl nur jene, die begreifen, warum die Gastauftritte von Chino Moreno oder Ida Maria in die Bonustrack-Abteilung abgeschoben wurden.
‚Beautiful Things‚ scheitert jedoch selbst in seinen gelungensten Momenten zumeist am tatsächlich einfallslosen Songwriting Greens. Immer wieder rittert der Mann mit der glockenhellen Stimme gelungene Ansätze in die Fadesse und brüskiert diese Versatzstücke mit fragwürdigen Stilbewustsein. Da gibt es gelungene Kleinode wie ‚How it Goes‘, die die gelungenere zweite Hälfte der Platte bestimmen. Dass ein aufgeweckter Ukululefeger wie ‚Moon Song‚ kurz vor Ende noch die Verstärker aufdreht, erscheint allerdings als reine Willkür und schlimmer noch: als angestrengtes Aufzeigen der eigenen, angedachten Verweigerungshaltung. Einer der vielen Hackenschläge, die auf ‚Beautiful Things‚ ausschließlich ins Leere laufen. Dass Green dabei eigentlich mit einer Stimme ausgestattet wäre, die selbst den miesesten Song noch vor der Katastrophe bewahren könnte, fällt bei lyrischem Standart-Nonsense wie „She was only 20/ but she fucked like 33“ nicht mehr auf die Haben-Seite. ‚Beautiful Things‚ bleibt nur genau so lange interessant und spannend, wie man die unzusammenhängende Orientierungslosigkeit der Platte als wagemutige Experimentierwut missinterpretiert.
Warum Green in den letzten Jahren seine Solokarriere intensiver betreibt als seine Bandprojekte, darauf liefert deswegen auch ‚Beautiful Things‚ mehr Fragezeichen denn Antworten. Und nach zwei weitestgehend misslungenen Soloausflügen am Stück darf man auch mal nachhacken: Wie bringt Green mit Circa Survive eigentlich immer wieder derart tolles Material auf Band?
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